Vandana Shiva spricht auf einer Bühne (Foto: mindjazz pictures)

Gentechnikfreie lokale Landwirtschaft

Ökofeministin Vandana Shiva: Film und Diskussion in Freiburg

Stand
AUTOR/IN
Maya Rollberg

Deutsche Premiere des Films über die alternative Nobelpreisträgerin Vandana Shiva: 1.000 Menschen erlebten die Aktivistin hautnah.

"Ikone der Globalisierungskritik" oder "Saatgut-Retterin" - die Inderin Vandana Shiva hat bereits viele Zuschreibungen erhalten. Wegen ihres Kampfes gegen Saatgut-Großkonzerne und gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft wurde sie zur Umweltaktivistin, Ökofeministin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises (Right Livelihood Award). Für viele ist sie damit eine "philosophisch-spirituelle Instanz", die mit ihrer besonnenen, aber bestimmten Art eine besondere Verehrung beim Publikum auslöst. Dies war auch am Sonntagabend in der Messehalle in Freiburg zu spüren. Etwa 1.000 Menschen kamen zur Filmvorführung über ihr Leben mit anschließender Podiumsdiskussion. Die Aktivistin hautnah erleben zu können, quittierten sie mit begeisterten Zwischenrufen und Standing Ovations.

Menschen sitzen auf einer Bühne und diskutieren (Foto: SWR)
Podiumsdiskussion mit Vandana Shiva, Bernward Geier, Sarah Wiener, Theresia Kübler und Jan Plagge

Film über Motivation der 70-jährigen Vadana Shiva begeistert

Der Film, der anlässlich zu Shivas 70.Geburtstag in die deutschen Kinos kommt zeigt die Motivation und Entstehung ihres Aktivismus. Laut ihrer Philosophie sind die meisten Konflikte auf der Erde auf Ressourcenkonflikte zurückzuführen, die lösbar wären, wenn Menschen ihre patriarchalen und kapitalistischen Machtstrukturen erkennen und gehen lassen würden. Mit einem traditionellen System aus Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die regional und ökologisch anbauen und die Natur respektieren, würden weniger Konflikte entstehen. Im Gegensatz zur Lebensmittelindustrie ist Shiva der Überzeugung, dass mehr Biodiversität mehr Produktivität schaffe, da sowohl mehr Nährstoffe als auch natürliche Abwehrmechanismen gegen Schädlinge entstünden. Die Abhängigkeit von Monokulturen und Pestiziden durch transnationale Konzerne hingegen verursache Hunger und Klimakrise.

Südbaden eine Vorreiter-Region für Landwirtschaft ohne Gentechnik

In Freiburg und der Region finden Vandana Shivas Thesen viel Anklang. Die Landwirte in der Region sind großflächig sehr kritisch im Hinblick auf den Einsatz von klassischer Gentechnik. Südbaden war eine der ersten landwirtschaftlichen Regionen, die als gentechnikfrei galten. Das ist den Bäuerinnen und Bäuern nach wie vor sehr wichtig, und darum drehte sich auch die Diskussion. Das Podium bestand aus Vandana Shiva, Bioland-Präsident Jan Plagge, Bio-Bäuerin Theresia Kübler und Sarah Wiener (MDEP). Diskutiert wurde zum Thema "Sackgasse Agro-Gentechnik - Wie sichern wir die globale Ernährung?" Die Podiumsteilnehmer waren sich recht einig in Bezug auf zukünftige Ernährungssicherheit: Der Einfluss von Gentechnik auf lokale landwirtschaftliche Produktionen müsse unbedingt vermieden werden.

"Wenn wir Ernährungssicherheit wollen in Deutschland, dann brauchen wir eine ganzheitliche Landwirtschaft, die Biodiversität schützt, die Klima schützt und die Tiere artgerecht hält."

Gentechnikfreie und Ökologische Landwirtschaft in Europa?

Fernsehköchin Sarah Wiener setzt sich dafür jetzt als österreichische Abgeordnete im Europäischen Parlament ein. Dort gilt es ökologische Landwirtschaft derzeit vor allem zu verteidigen: Die EU-Kommission will einen mehrstufigen Beratungsprozess zur Erneuerung der Gentechnik in Gang setzen, um so "Innovationen in der Landwirtschaft zu ermöglichen". Mitte 2023 soll ein neuer Gesetzesvorschlag präsentiert werden, der eventuell mehr Spielraum zum Einsatz von Gentechnik bietet. Biolandpräsident Jan Plagge hofft darauf, dass dieser Prozess von den Bürgerinnen und Bürgern kritisch beobachtet wird.

Volles Publikum lauscht Richtung Bühne  (Foto: SWR)
Die Messehalle ist voll: Knapp 1000 Menschen sind bei der Filmvorführung und Podiumsdiskussion

"Die Menschen machen sich nicht nur viele Sorgen aufgrund der aktuellen Krisen, sondern auch darum, wo ihre Lebensmittel herkommen und wie diese Lebensmittel produziert werden."

Der Aufruf von Sarah Wiener und den weitern Diskussionsteilnehmenden lautete: sich für regionale Ernährungsketten zu interessieren, gentechnikfreie Produkte zu fordern und viel selbst zu kochen. Nach der Philosophie von Vandana Shiva zu leben bedeute, stets in Liebe für die Natur und den Menschen zu sein, da die Erde uns Menschen so viel mehr gebe, als wir ihr geben können. Vandana Shiva wird in ihrem Aktivismus auch als 70-Jährige noch nicht müde. Denn statt auf Umweltkatastrophen und Zerstörung fokussiert sie sich auf konstruktive Aktionen, Solidarität und Liebe unter Menschen.

"Die Verbindung zwischen Mensch und Nahrung muss so so vielfältig, so nah und so intim wie möglich sein."

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