eine Frau liegt im Bett und wird umarmt (Foto: dpa Bildfunk, Bernd Thissen)

Tag der Pflege

Urlaub für pflegende Angehörige in Schramberg

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Samantha Happ
Samantha Happ (Foto: SWR DASDING)

Angehörige pflegen ist ein Job ohne Feierabend und Wochenende. Ein spezielles Urlaubsangebot in Schramberg soll deshalb Zeit für Entspannung und Erholung geben.

Ob in Seniorenheimen, auf Pflegestationen oder bei den Sozialdiensten, der Mangel an ausgebildeten Fachkräften ist hoch und entsprechende Betreuungsangebote für Pflegebedürftige sind oft nur schwer zu bekommen. Nicht erst durch die Corona-Pandemie hat der Pflegeberuf deutlich an Beliebtheit eingebüßt. Doch was tun, wenn die Eltern, Partner oder andere Angehörige plötzlich eine intensive Betreuung benötigen?

Mehrheit der Pflegebedürftigen wird Zuhause gepflegt

Deutlich prekärer erscheint die Pflegesituation noch einmal, wenn man berücksichtigt, dass laut statistischem Bundesamt vier von fünf Personen zu Hause gepflegt werden. Meistens übernehmen das die Partnerinnen und Partner oder Familienangehörige und einige von ihnen gehen gleichzeitig einem Vollzeit- oder Teilzeitjob nach. Für Freizeit, Entspannung und Erholung bei den pflegenden Angehörigen bleibt kaum Zeit und an Urlaub ist oft gar nicht zu denken.

Als pflegende Person Urlaub machen

Aus diesem Grund hat die Stiftung Innovation und Pflege mit Sitz in Sindelfingen ein spezielles Urlaubsangebot für demenzkranke Menschen und ihre Angehörigen ins Leben gerufen, die sie pflegen. Während sich professionelle Pflegekräfte vor Ort um die Demenzkranken kümmern, können die Angehörigen sich eine Auszeit nehmen, um ihre Energiereserven aufzutanken: Ob alleine oder im Austausch mit anderen in der Gruppe bei einem bunten Programm ist allen selbst überlassen. Die Mahlzeiten werden dann wieder gemeinsam eingenommen.

Urlaub für Dich und für mich

Zwei Mal im Jahr wird im Familienbildungs- und Familienfreizeitdorf Eckenhof in Schramberg-Sulgen (Landkreis Rottweil) so eine Freizeit angeboten. Unter dem Motto "Urlaub für Dich und für mich" geht man hier ganz speziell auf die Bedürfnisse der Erkrankten aber vor allem auch auf die der Pflegenden ein. Oberstes Ziel sei die Erholung, gleichzeitig könne man aber auch Erfahrungen sammeln, die im Alltag für Entlastung sorgen können. Zum Beispiel, so Michaela Katz von der Stiftung Innovation und Pflege, würden einige im Rahmen dieses Urlaubs bemerken, dass die erkrankte Person sich von den Pflegekräften ohne Probleme betreuen lasse. Das eröffne Möglichkeiten sich auch für den Alltag Unterstützung zu suchen, um sich selbst Freiräume zu schaffen.

"In manchen Familien versorgt der eine Partner den anderen Partner bis zur Selbstaufgabe."

Eva-Maria Allmendinger hat sich schon das dritte Mal über die Stiftung zum gemeinsamen Urlaub mit ihrem an Demenz erkrankten Mann angemeldet. Das Ehepaar ist seit 50 Jahren verheiratet, seit acht Jahren pflegt sie ihren Mann. Obwohl er einige alltägliche Aufgaben noch eigenständig nachgehen kann und keine Gefahr besteht, dass er abhaut, während sie nicht da ist, kann sie ihn nicht länger als eine Stunde unbeaufsichtigt lassen. Sie ist rund um die Uhr für ihn da, pflegt und beschäftigt ihn, versucht die Fähigkeiten zu trainieren und zu fördern, die ihm die Krankheit noch gelassen hat.

"Ich freue mich schon seit zwei Monaten auf den Urlaub. Für ihn ist das eine Umstellung, ihm wäre es daheim lieber, aber er macht mir zuliebe mit."

Urlaub mit Demenz?

Früher seien die beiden viel und gerne gereist, mit dem eigenen Wohnmobil und zum Wandern in die Berge. Urlaube, die in dieser Form heute nicht mehr möglich sind. Für ihn sei es schwer bis unmöglich, sich in einer fremden Umgebung zur orientieren. Auch seine Bewegung sei eingeschränkt, längere Strecken, die über einen kleinen Spaziergang hinausgehen, könne er mit seinen Gehhilfen nicht mehr zurücklegen. Urlaubsgefühl komme für Eva-Maria Allmendinger heute bereits auf, wenn sie sich mal eine ganze Woche nicht um die Einkäufe, den Haushalt und das Kochen Gedanken machen müsse. Es seien die kleinen Momente, sich beispielsweise mal zwei Stunden mit einem Buch auf den Balkon setzen zu können, die ihr neue Energie geben und ihr als Erinnerung an den Urlaub im Kopf bleiben.

Gewissensbisse bleiben nicht aus

Ihren Mann einfach für eine Woche in eine Tagespflege zu geben und alleine zu verreisen, das sei nicht, was sie wolle. Auch im Alltag habe sie immer wieder Gewissensbisse, wenn sie mal gestresst oder schlecht drauf ist und ihn das spüren lässt.

"Nachher denke ich mir, Mensch, er kann doch nichts dafür. Das hättest du jetzt auch nochmal in Ruhe sagen können. Ich merke schon, dass ich zum Teil an meine Grenzen komme."

Immer nur geben, das gehe eben einfach nicht. Man müsse auch Freiräume für sich selbst finden. Genau darum soll es in dem einwöchigen Urlaub gehen. Anders als in herkömmlichen Hotels sei man hier auch frei von den Blicken anderer, wenn sich einer der Erkrankten vielleicht auch mal etwas auffälliger verhält, gibt Michaela Katz zu bedenken. Doch bei allem was der Urlaub bietet, was die Krankheit genommen hat, wiegt schwer: Es fehlt das alltägliche Miteinander, das Wesen einer geliebten Person verändert sich und die Krankheit beraubt einen der Möglichkeit, neue, gemeinsame Erinnerungen zu schaffen.

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