Sie haben noch kein Gehalt, aber sie haben ihre Hilfsbereitschaft: Die Siebtklässler des Evangelischen Montessori-Schulhauses in Freiburg wollen ukrainische Waisenkinder unterstützen und haben dafür tatkräftig Spenden gesammelt. Zwischen Februar und April kamen insgesamt 72 Kartons zusammen. Und die Hilfsgüter verstauben nicht in großen Lagerhallen. Ganz im Gegenteil: Sie haben bereits ihre Ziele in der Ukraine erreicht - und zwar ein Waisenhaus und ein Heim, in dem geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer Schutz finden. Dafür haben Dietmar Klausmann mit seinen Mitstreitern von der Initiative "Ukrainehilfe Berezynka & Mukatschewo" gesorgt. Die große Hilfsbereitschaft der jungen Schülerinnen und Schüler verschlägt dem Hilfskoordinator beinahe die Sprache.
Emotionen und Menschlichkeit mitten im Klassenzimmer
Bei seinem Besuch im Klassenzimmer an der Merzhauser Straße in Freiburg will Klausmann den Kindern von der Reise berichten und seine Erlebnisse mit ihnen teilen. Doch dann kommen ihm die Tränen. "Ihr habt mein Herz berührt. Ich würde mir wünschen, es würde mehr von euch geben", sagt der 62-Jährige sichtlich angefasst. "So viel kindlichen Verstand, klar formuliert, habe ich selten erlebt. Das war ein richtiger Motivationsschub und zeigt, dass alles Sinn macht."
Klausmann kommt mit den Siebtklässlern schnell ins Gespräch - sie nennen ihn freundschaftlich "Didi". Er zeigt ihnen Bilder und Videos aus dem Waisenhaus in Mukatschewo - und auch ein kurzes Interview, in dem sich der Leiter der Einrichtung für die Hilfsmittel bedankt. Klausmann hatte ihm 28 Briefe überreicht, die die Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Montessori-Schulhauses ihm mit auf dem Weg gegeben haben. Der Heimleiter habe ihm versprochen alle Briefe zu beantworten, es brauche nur noch etwas Zeit für die Übersetzung, sagt Klausmann.

Schüler jobben und kaufen vom Geld Windeln
Im Februar hatte er 20 Schulen rund um Freiburg kontaktiert - neun davon hatten ihm ihre Unterstützung für den Hilfskonvoi zugesagt. Die 28 Schülerinnnen und Schüler der 7. Klasse des Evangelischen Montessori-Schulhauses sammelten vor Freiburger Supermärkten Spenden für die Kinder in der Ukraine. Ein Junge erzählt, dass er und sein Freund sogar Einkäufe zu älteren Menschen nach Hause getragen haben. Das Trinkgeld, das sie zum Dank erhalten haben, hätten sie aber nicht selbst behalten. "Wir haben es zwei Mädchen aus unserer Klasse gegeben, die davon dann Windeln und andere wichtige Sachen für die Kinder in der Ukraine gekauft haben." Als Klausmann das hört, ist er sprachlos.
Teddybären aus Freiburg nun bei Kindern in der Ukraine
Klausmann zeigt den Schülerinnen und Schülern Bilder, die er in Mukatschewo gemacht hat. Auf einem Gruppenbild aus dem Waisenhaus sind die Kinder mit ihren neuen Kuscheltieren zu sehen. "Das ist ja unser Einhorn", sagt eine der Schülerinnnen verwundert, als sie ihr Spielzeug wiedererkennt. Andere Mitschüler freuen sich über das Lachen der ukrainischen Kinder auf den Fotos. Ein blondes Mädchen hält auf einem der Fotos einen Teddybären fest umschlungen im Arm, versteckt sich beinahe hinter ihm.
Spenden sammeln stärkt Wir-Gefühl in der Schulklasse
Als Klausmann ein Video von einem kleinen Mädchen zeigt, das mit einem Schnuller im Mund in einem Kinderwagen sitzt, wird es in der Klasse still. "Hat die keine Eltern mehr?", fragt ein Junge. "Nein", sagt Klausmann ruhig. Als das Kleinkind in die Kamera winkt, lächeln viele der Siebtklässler. Der 62-jährige Rentner will von ihnen wissen, wie sich das Spendensammeln angefühlt hat. "Es war traurig, dass so viele Menschen vor dem Supermarkt an uns vorbeigelaufen sind. Da waren viele, die nicht helfen wollten", erinnert sich ein Junge. Seine Mitschülerin sagt dazu: "Für manche von denen war es unnormal, dass wir uneigennützig helfen wollten. Aber für uns als Klasse war es ein schönes Gemeinschaftsgefühl."
Siebtklässler wollen weiter helfen - Hilfskoordinator tief bewegt
Im November fährt Dietmar Klausmann dann zum achten Mal mit einem Hilfskonvoi in die Ukraine. Ihn und seine ehrenamtlichen Helfer erwartet eine zweitägige Fahrt - rund 1.500 Kilometer sind es von Freiburg bis in die Westukraine. Bei der vergangenen Tour im April hatten sie Hunderte Kilo Reis, Nudeln und einen Stromgenerator geladen. Damals wie auch im November kann "Didi" wieder auf die Unterstützung seiner Siebtklässler hoffen. "Wir wollen wieder sammeln. Vielleicht für einen Plastikpool, damit die Kinder im Sommer baden können", sagen zwei Schüler. Ein anderer denkt sogar noch weiter. "Wir könnten eine Stiftung gründen, weil die Menschen auch nach dem Krieg weiterhin Hilfe brauchen." Klausmann lächelt berührt.