Der größte Trachten-Dachverband Deutschlands, der Bund „Heimat- und Volksleben“ e.V feiert Jubiläum (Foto: dpa Bildfunk, Patrick Seeger)

Jubiläum des Trachtendachverbands "Bund Heimat- und Volksleben"

Trachten in Baden: Lang lebe die Tradition?

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Christoph Ebner und Maya Rollberg

Der größte Trachtenverband Deutschlands hat an diesem Sonntag sein 75-jähriges Bestehen gefeiert. Zwischen den Freudentönen schwang aber auch die Sorge um die Zukunft des Verbands mit.

"Drum grüß' ich dich mein Badnerland. Du edle Perl' im deutschen Land." Mit dem Badnerlied und damit dem Hoch auf die badische Heimat begann der Festakt zum 75-jährigen Jubiläum des Bundes "Heimat- und Volksleben" (BHV). Gekleidet in eine Vielzahl an traditionellen Trachten trafen sich an diesem Sonntag knapp 500 Mitglieder in Bräunlingen (Schwarzwald-Baar-Kreis).

Der größte Trachten-Dachverband Deutschlands, der Bund „Heimat- und Volksleben“ e.V feiert Jubiläum (Foto: SWR)
Innenminister Thomas Strobl (CDU) eröffnete die Feierlichkeiten. Er dankte den ehrenamtlichen Helfern des Trachtenverbandes, die sich an vielen Orten unterschiedlich für die Bewahrung der Badner Traditionen einsetzten.

Innenminister Strobl betont Bedeutung von Tradition

Zu Gast war neben der Regierungspäsidentin des Regierungsbezirks Freiburg Bärbel Schäfer auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Strobl hob in seiner Rede hervor, dass Bräuche dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienten und den Menschen Sicherheit und Stabilität gäben. Gerade in einer globalisierten Welt sei Volkskultur wichtig. Auch Bärbel Schäfer betonte die Bedeutung von Tradition.

„Heimat wird nicht weniger, wenn man sie teilt. Deshalb ist kulturelle Teilhabe so wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Mitgliederschwund und mangelnder Nachwuchs

Anlässlich des Jubiläums müssen sich die Verbände allerdings auch Gedanken um ihre Zukunft machen. Denn besonders die Pandemie habe den Vereinen zugesetzt, so der Dachverband. Es gebe zudem nicht überall genügend junge Mitglieder. Angesichts der nun wieder anlaufenden Veranstaltungen und Heimattage sei man jedoch optimistisch, das sich das bald wieder ändern werde, so der Dachverband. In der Jugendarbeit setzte man seit neuestem auch auf Präsenz in den sozialen Medien wie Instagram und TikTok. Das scheine bei der Jugend gut anzukommen, beobachtet der Jugendtrachtenverband. 

Trachten sind nicht "uncool"

Die 18-jährige Luisa Harenberg gehört zum Nachwuchs und engagiert sich im Jugendtrachtenverband. Es mache ihr Spaß, ihre Heimat mit anderen zu teilen. Für sie sei der Verband vor allem Netzwerk und Zuhause, der Tanz und die Musik mache sie fröhlich. Das Vorurteil, Trachten seien nicht zeitgemäß, kann sie nicht nachvollziehen. "Ich empfinde es nicht als uncool, weil wir auch Sachen wie Kanufreizeiten und Zeltlager machen. Es geht nicht darum, eine Tracht zu tragen, sondern um die Gemeinschaft und die Menschen."

Der größte Trachten-Dachverband Deutschlands, der Bund „Heimat- und Volksleben“ e.V feiert Jubiläum (Foto: SWR)
Seit sie zwölf Jahre alt ist, engagiert sich Luisa Harenberg (zweite von links) bei der "Trachtenjugend Bund Heimat- und Volksleben".

Wird Volksleben zum "Pflegefall"?

Der aus vielen SWR-Sendungen und Moderationen bekannte Kulturforscher und Volkskundler Werner Mezger stellte in seinem Festvortrag die plakative Frage, ob die Vergangenheit noch Zukunft habe. Mezger machte die Antwort am Begriff Heimat fest, der offen sei und sich immer wieder neu gestalte. Volksleben werde überleben und nicht zum „Pflegefall“ werden, wenn Erinnerungen wach gehalten würden als Gegengewicht zu Einheitsbrei und Globalisierung. 

Neu aufgenommen in den Bund Heimat und Volksleben wurden die Trachten aus Triberg im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Triberger Tracht zeigt den für diese Region im Schwarzwald typischen hohen Zylinderhut, der aus Stroh gemacht wird. Angelika Wiedel und Nikolaus Arnold führten die Tracht vor - ihre Trachtengruppe hatte sich im vergangenen Jahr gebildet. Die Aufnahme von Triberg war einer der Höhepunkte der Mitgliederversammlung des Bundes für Heimat- und Volksleben in der Stadthalle in Bräunlingen.  (Foto: SWR, Christoph Ebner)
Neu aufgenommen in den Bund "Heimat und Volksleben" wurden die Trachten aus Triberg im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Triberger Tracht zeigt den für diese Region im Schwarzwald typischen hohen Zylinderhut, der aus Stroh gemacht wird. Angelika Wiedel und Nikolaus Arnold führten die Tracht vor. Christoph Ebner

Feste feiern, um Erinnerungen zu konservieren

Feste und Feiern würden einen solchen gesellschaftlichen Erinnerungsspeicher schaffen und seien deshalb sehr wichtig, so Mezger. Deshalb sei auch ein Verband wie der BHV wichtig, der Brauchtum pflege und gleichzeitig die gesellschaftliche Dynamik aufnehme. Wer die Heimat nicht verstehe, könne auch die Welt nicht verstehen - aus Mangel an Vergleichsmöglichkeiten. Mezger sagte unter großem Beifall, dass Identität durch Austausch und Gemeinschaft entstehe und nicht durch staatliche Kampagnen wie "The Länd". 


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