Am Dienstagabend hat das Freiburger Seniorentheater "die methusalems" in einer szenischen Lesung des Leben des jüdischen Händlers Max Mayer nachgezeichnet. Die Veranstaltung im SWR-Studio Freiburg war ausverkauft.
Eindringlicher Abend im SWR-Funkhaus
"Andere Mädchen hatten größere Väter. Und ich beneidete sie darum. Männer, die die Luft teilten, wenn sie gingen. Diese Väter schützten. Ich musste meinen Vater beschützen." Schon diese ersten Sätze der Lesung gehen unter die Haut. Sie stammen aus Lotte Paepckes Buch "Ein kleiner Händler, der mein Vater war" über Max Mayer. Max Mayer war ein jüdischer Händler. Bis zur Machtergreifung Hitlers betrieb er ein Lederwarengeschäft in der Freiburger Schusterstrasse.

Vom beliebten Lederhändler zum ausgegrenzten Juden
Max Mayer kann "Scherze wie Bälle" werfen, wunderschön Klavier spielen und ist allseits beliebt. Im ersten Weltkrieg kämpft er für Deutschland. Während der Weimarer Republik engagiert er sich als SPD- Stadtrat, vertritt das "Referat Theater" und ist ein in Freiburg geschätzter Kulturpolitiker.
Bis zur Machtergreifung Hitlers. Dann beginnen Ausgrenzung, Verfolgung, KZ, Flucht.
"Die methusalems schlagen mit dem Stück eine Brücke ins Heute"
Mit den "methusalems" stehen Menschen auf der Bühne, die teilweise noch in der Kriegszeit geboren wurden. Die älteste unter ihnen, Ludmilla Müller, ist 90 Jahre alt. Es sei daher ein besonderer Reiz für ihn gewesen, gerade mit den "methusalems" die szenische Lesung zu erarbeiten, sagt Ullo von Peinen beim Talk im Anschluss an die Premiere. Der bekannte Freiburger Schauspieler legt damit seine erste Regiearbeit ab.
"Der Text ist ein Gleichnis über Ausgrenzung"
Mit in der Talk-Runde sitzt auch die Urenkelin des jüdischen Lederhändlers Max Mayer, die Karlsruherin Ursula Paepcke. Es wird sehr still im Schlossbergsaal, als sie davon erzählt, wie aktuell sie das Thema findet. "Ich sitze auf gepackten Koffern", sagt sie, angesichts der Wahlerfolge der Rechtspopulisten. Sie lobt ausdrücklich die Inszenierung der "methusalems". Die Bühnenadaption von "Der kleine Händler, der mein Vater war", findet sie gelungen. Paepcke freut sich darüber, dass das Buch ihrer Großmutter in einer Neuauflage gerade "erheblichen Absatz" findet. Und sie mahnt: "Wir müssen uns den Anfängen entgegenstellen."

Eindringlich aber nicht aufdringlich: Die Inszenierung
Zehn Stühle und zehn Bücher, mehr brauchen die "methusalems" nicht, um dem Text der Autorin Lotte Paepcke Wirkung zu verleihen. Sie lesen einzelnen oder im Chor, bilden Gruppen oder stehen abseits am Bühnenrand. Am Ende holt Lotte Paepcke, die Ich-Erzählerin, ihren Vater Max Mayer, der vor den Nazis nach New York geflüchtet war, wieder ins zerbombte Freiburg zurück. Die Geschichte hat gezeigt: Ihr Vater war zwar kleiner als die Väter der anderen Mädchen. Aber die anderen Väter waren zu Tätern geworden. Ihr Vater dagegen hatte die Größe, zurückzukehren ins Land der Täter.
SWR Aktuell Radio sendet einen Mitschnitt des Abend am 8. Mai 2025 um 14:04 Uhr aus Anlass „80 Jahre Kriegsende“. Im Mitschnitt sind große Teile der szenischen Lesung zu hören sowie ein Auszug aus dem anschließenden Talk mit dem SWR-Redakteur Jan Ludwig.