Die New York Times taufte ihn den "Philosophen des Schwarzwaldes": Christian Streich ist weit über die Grenzen der Fußballwelt hinaus für seine markanten Ansagen bekannt. In seiner Zeit als Cheftrainer beim SC Freiburg erhob er immer wieder seine Stimme gegen Populisten und Rechtsextreme. Und er bleibt seiner Linie treu, auch ohne Fußballamt. Bei einer Podiumsdiskussion unter dem Motto "#SymbadischDemokratisch" auf dem Jobrad Campus in Freiburg appellierte der 59-Jährige nun eindringlich an die Zuhörer, sich für demokratische Werte stark zu machen.
Nie waren wir in Deutschland so frei wie heute und das müssen wir verteidigen, dafür braucht es Engagement!
Freiburgs Ex-Trainer sieht Demokratie in Gefahr
Angesichts der turbulenten Tage in Berlin, die durch die verschärften Migrationspläne der CDU/CSU entfacht wurden, zeigt sich Freiburgs Ex-Coach Streich tief besorgt. "Die Demokratie steht auf dem Prüfstand, die Demokratie wird angegriffen", so der 59-Jährige. Nicht nur in Deutschland, in vielen Teilen der Welt. In Russland, so führt er aus, existiere keine Demokratie mehr; dort herrsche eine Oligarchie. "Da haben die Leute nichts mehr zu sagen. Wenn sie etwas Kritisches sagen, dann landen sie für viele Jahre im Gefängnis", erklärte Streich. "Von dem her müssen wir unsere liberale Demokratie mit allem verteidigen, was wir haben", so der 59-Jährige weiter.

Streich als Fußballtrainer hält Plädoyers gegen Rechts
In seiner langjährigen Trainerkarriere beim SC Freiburg nutzte Streich immer wieder öffentliche Auftritte für ein klares Statement gegen Rechtsextremismus und die AfD. Es sei wichtig, sich zu positionieren und Haltung zu zeigen, betonte Streich erneut bei der Podiumsdiskussion am Donnerstag. "Als ich Bundesliga-Trainer wurde, haben Freunde zu mir gesagt: Das wird schwierig, weil ich nicht den Mund halten werde", gesteht Streich offen. Schon früh wurde ihm gesagt, er solle immer seine Meinung sagen. Er sei überaus dankbar, dass er diesem Rat gefolgt sei: "Ich habe wahnsinnig viel Zuspruch von vielen Menschen gekriegt. Sie fanden es gut, dass ich mich positioniert habe."
Im Zusammenhang mit bundesweiten Groß-Demonstrationen gegen Rechtsextremismus vor gut einem Jahr hatte Christian Streich als SC-Coach eindringlich vor dem Erstarken rechter Kräfte gewarnt. Bei einer Pressekonferenz im Januar 2024 sagte Streich eindringlich: "Wer jetzt nicht aufsteht, der hat nichts verstanden. Das steht außer jeder Frage."
Es ist fünf Minuten vor zwölf. Wer jetzt nichts tut, hat in der Schule und in Geschichte nichts verstanden.
Streich hatte damals an die gesamte Gesellschaft appelliert: "Fußballfans sind Bürger, Fußballtrainer sind Bürger, Wirtschaftsbosse sind auch Bürger. Jeder in diesem Land ist aufgerufen, aufzustehen und sich ganz klar zu positionieren", sagte er: "Aufstehen, ganz klare Kante, nichts anderes. Es kann keiner mehr sitzen bleiben. Jeder ist selbst verantwortlich."

Groß-Demo gegen Migrationspläne ermuntert Streich
In Hinblick auf die jüngste Demonstration, die am Donnerstagabend in Freiburg 15.000 Menschen auf die Straßen zog, äußerte Streich gemischte Gefühle. Er spüre die Besorgnis der Menschen. Doch zugleich sei es positiv und ermutigend, dass sie auf die Straße gingen und kämpfen würden.
Der 59-Jährige betonte, dass er in seinem Umfeld in Freiburg keine Angst verspüre, seine Meinung offen zu zeigen. "Wir befinden uns hier noch in einem relativ geschützten Raum", sagte er. "Aber ich weiß, dass viele Menschen Angst haben müssen, zum Beispiel, wenn sie eine bestimmte Hautfarbe haben und sich in einer anderen Gegend aufhalten. Das ist die Realität", erklärte Streich.
Wie Christian Streich Respekt und Erfolg definiert, das beleuchtet der SWR Sport Fußball Podcast "Steil" vom 24. März 2020