Ehrenamtliche aus Freiburger helfen Eltern bei der Trauer um ihre Sternenkinder. (Foto: Regula Wolf)

Wenn die Geburt ein Abschied ist

Zwei Freiburgerinnen unterstützen Eltern von Sternenkindern

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Ann-Kathrin Moritz

Den Eltern bleiben meist nur wenige Stunden, um sich von ihren Sternenkindern zu verabschieden. Zwei Frauen aus Freiburg unterstützen sie dabei.

Mit geübten Handbewegungen rattert Sophia Imhof aus Freiburg mit ihrer Nähmaschine an den Kanten eines Stoffzuschnittes entlang. In ihrem Kinderzimmer hat sich die 17-Jährige eine kleine Nähstube eingerichtet. Drei Maschinen stehen auf dem Schreibtisch, auf einer Kommode daneben stapeln sich die Stoffmuster. Bei der Auswahl der Stoffe legt Imhof Wert auf warme Farben und fröhliche Muster.

Der Zweck ihrer Arbeiten ist dagegen alles andere als fröhlich. "Da ich sowieso nähe, war es mir eine Herzensangelegenheit mit meinem Hobby was Gutes zu tun. Und da ich dann von Bekannten wusste, wie Sternenkinder früher den Eltern hingehalten wurden, wollte ich das ändern", erinnert sich Imhof.

Der komplette Radiobeitrag von SWR-Reporterin Ann-Kathrin Moritz zum Nachhören:

Mit 14 Jahren beginnt Imhof ihr Engagement 

In Deutschland sterben jährlich tausende Kinder während der Schwangerschaft, bei oder kurz nach der Geburt. Sie werden Sternenkinder genannt. Für sie fing Imhof 2019 an Mützchen, Hosen, Einschlagdecken und was sonst so gebraucht wurde kostenlos zu nähen - da war sie gerade einmal 14 Jahre alt. Inzwischen hat sie mit einer Freundin die Gruppe "Kleine Sonnenstrahlen" gegründet. Die Mitglieder nähen ebenfalls Kleidungsstücke für Frühchen. Trotzdem bleibt die Arbeit für Sternenkinder Sophia Imhof ein besonderes Anliegen: "Wenn man weiß, das geht an ein Sternenkind, ist das natürlich schon was anderes", so die 17-Jährige. "Und man packt es vielleicht auch ein bisschen mehr mit Liebe und schaut, dass es richtig schön aussieht."

Ehrenamtliche aus Freiburger helfen Eltern bei der Trauer um ihre Sternenkinder. (Foto: SWR, Ann-Kathrin Moritz)
Sophia Imhof näht Kleidungsstücke extra für Sternenkinder.

Um die Kleidung dorthin zu bekommen, wo sie benötigt wird, arbeitet die Gruppe mit Kliniken aus ganz Deutschland zusammen. Zugleich beliefern sie auch Sternenkind-Fotografinnen und Fotografen. So wie Regula Wolf. 

Regula Wolf macht das erste und das letzte Bild 

Die gelernte Grafikerin sitzt an ihrem Arbeitsplatz in ihrem Wohnhaus in Freiburg. Sie öffnet einige Dateien auf ihrem PC. Auf schwarz-weißen Fotografien erscheinen verschiedene Sternenkinder. Manche sind nicht größer als ein Handteller, andere von Neugeborenen kaum zu unterscheiden. Wolf wird von Kliniken kontaktiert, wenn Eltern sich Fotos von ihren Kindern wünschen. Für die Stiftung "Dein-Sternenkind" ist sie in ganz Südbaden unterwegs.

Ehrenamtliche aus Freiburger helfen Eltern bei der Trauer um ihre Sternenkinder. (Foto: Regula Wolf)
Regula Wolf fotografiert seit vier Jahren Sternenkinder.

"Wenn ich zu einem Food-Shooting gehe, kann der Koch das Gericht nochmal machen, wenn ich es vermassle. Aber bei diesen Eltern gibt es keine zweite Chance."

Regula Wolf ist sich der Verantwortung bewusst. Sie weiß, was diese wenigen Fotografien nach dem Tod des Kindes für die Eltern bedeuten können. Viele Eltern erstellten ganze Erinnerungswände mit ihren Fotos, sagt Wolf, "weil sie wollen, dass das Kind aktiv in der Familie ist."

64 Einsätze in einem Jahr 

Solch bleibende Erinnerungen hat Wolf bereits für 180 Eltern geschaffen. Allein im Jahr 2021 fotografierte sie 64 Sternenkinder. Seitdem hat die Anzahl der Einsätze etwas abgenommen, denn sie kann sich die Arbeit in ihrem Einsatzgebiet nun mit einer Kollegin teilen. Trotzdem bleibt ihr Pensum hoch - auch, weil zu wenige Fotografinnen und Fotografen langfristig dabeibleiben. Dass nicht jeder mit den Erlebnissen umgehen kann, versteht Regula Wolf. Ihr selbst gelinge das inzwischen gut.

Ehrenamtliche aus Freiburger helfen Eltern bei der Trauer um ihre Sternenkinder. (Foto: Regula Wolf)
Eltern möchten oft Fotos von ihren Sternenkindern - als Erinnerung.

"Ich weiß, das ist nicht mein Schicksal und ich muss das nicht persönlich nehmen. Ich muss persönlich nehmen, dass alles klappt."

Wolf weiß, dass sie an der Situation der Eltern nichts ändern kann. Sie könne ihnen lediglich ein wenig Trost spenden. "Ich kann sie ein bisschen unterstützen, einen ganz kurzen Weg lang kann ich ihnen helfen und für mehr bin ich einfach nicht verantwortlich."

Hilfe und Beratungsangebote für Betroffene

Für Betroffene stehen verschiedene Hilfsangebote zur Verfügung. Ansprechpartnerinnen und -partner, Selbsthilfegruppen und Informationen finden Sie unter anderem hier:

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