Eine Frau im schwarzen Sakko wird wie bei einer Sicherheitskontrolle gescannt. Weiter geschickt. Der nächste ist an der Reihe. Ein Mann im schwarzen Rock und Netzhemd.
Selbstbestimmung und Individualität versus Abhängigkeit und Einheitskontrolle. Gleich zu Beginn führt das Duo Martin Zimmermann und Kinsun Chan von der Tanzkompanie Theater St. Gallen vor Augen, wie divers aber auch Ambivalent die heutige Welt ist. Die Uraufführung des Stücks "Wonderful World" machte den Anfang des Schweizer "Tanzfestival Steps".
Die Tanzstile der Choreografen Zimmermann und Chan ergänzen sich
Ein Tänzer dreht sich in einer Pirouette, wird in die Luft gehoben. Macht hoch oben einen Spagat. Ein anderer Tänzer wackelt und zuckt scheinbar unkontrolliert mit seinen Armen und Beinen. Das Gesicht zu einer Fratze verzogen.
Disziplin trifft auf Narrenfreiheit. Tänzerischer Feinschliff verbindet sich mit grotesken und clownesken Elementen. Die unterschiedlichen Handschriften der langjährigen Freunde und Choreografen Martin Zimmermann und Kinsun Chan ergänzen sich: Das Stück "Wonderful World" ist ein Dialog mit der Welt, die in Schieflage geraten ist. Die Menschheit sucht Halt und Gleichgewicht.
Stück "Wonderful World" wurde von der Realität eingeholt
Für den Choreografen Kinsun Chan ist das ganze Bühnenelement eine wichtige Metapher von Leben und auch in ihrer Arbeit. Eine Metapher dafür, dass auch er und Martin Zimmermann versucht haben, die Balance zu finden. "Was ist absurd? Es muss auch nicht alles genau Sinn machen", sagt Kinsun Chan. Er und Martin Zimmermann gingen oft in unterschiedliche Richtungen, entdeckten neue Welten.
Das Stück "Wonderful World" hatten die Choreografen bereits vor der Corona-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine im Kopf. "Eigentlich hat uns die Realität eingeholt", sagt Martin Zimmermann.
"Tanzfestival Steps" noch bis zum 22. Mai 2022
Das Schweizer "Tanzfestival Steps" geht noch bis zum 22. Mai 2022. Insgesamt neun Compagnien bespielen 36 verschiedene Bühnen. Zweimal sind Hotels die Kulisse. Die verschiedenen Stücke touren durch die Schweiz und machen unter anderem in Basel, Zürich und Schaffhausen Halt.