Dürren und Hitzeinseln frühzeitig erkennen

Freiburger Start-up: Mit Satelliten gegen die Folgen der Klimakrise

Stand

Von Autor/in Lukas Herzog

Bis zu 30 Prozent Wasser in der Landwirtschaft einsparen und trotzdem die Ernte steigern: Das ist die Vision eines Freiburger Start-ups. Gelingen soll das mithilfe von Satelliten.

Das Freiburger Start-up constellr hat im Januar seinen ersten Satelliten in den Orbit geschickt: Sky-Bee-1. Der misst die Oberflächentemperatur der Erde ziemlich genau - und das aus einer Entfernung von 510 Kilometern. Inzwischen hat der Satellit erste Daten geliefert. Wenn es nach den Freiburger Entwicklern geht, sollen Städte und die Landwirtschaft vom Satelliten zukünftig enorm profitieren können.

Sky-Bee-1: von Freiburg über die USA ins All

Es ist Mitte Januar. Auf einer Luftwaffenbasis der US Air Force werden die letzten zehn Sekunden runtergezählt, die Triebwerke einer SpaceX-Rakete flammen auf. Dann steigt die Rakete in den Himmel. Mit an Bord ist der Satellit Sky-Bee-1. Es ist der erste Satellit des Freiburger Start-ups constellr.

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Im Freiburger Büro hängt ein Modell des Satelliten Sky-Bee-1 von der Decke. Er ist halb so groß wie das 510 Kilometer entfernte Original.

Beim Start zugeschaut hatte im Januar auch Marius Bierdel. Er ist Mitgründer von constellr und wollte sich das Spektakel in den USA nicht entgehen lassen. "Du fühlst so langsam auch den Druck der Raketenmotoren in deiner Lunge. Alles vibriert so ein bisschen. Das ist einfach unbeschreiblich", sagt Bierdel.

Tokio bei Nacht: Satellit liefert erstes Bild

Und der Höhenflug hält an. Inzwischen hat der Satellit nämlich das getan, wofür er im Orbit unterwegs ist: ein erstes Bild geliefert. Es zeigt Tokio bei Nacht aus der Vogelperspektive. Das Bild ähnelt Aufnahmen einer Wärmebildkamera. Viel Blau ist da zu sehen, durchkreuzt von ein paar roten Linien. Anhand der Farben lässt sich erkennen, wie warm die Erdoberfläche in einem bestimmten Bereich ist. Rote Bereiche markieren heiße Orte, blaue Bereiche sind eher kälter.

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Tokio bei Nacht. Aufgenommen von Sky-Bee-1, dem ersten Satelliten des Freiburger Start-ups.

Mithilfe eines Satelliten die Oberflächentemperatur der Erde zu messen, ist keine neue Idee. Andere Satelliten liefern bereits ähnliche Daten. Sie sind aber sehr grob aufgelöst. Ein Pixel entspricht dort einer Fläche auf der Erde von 1.000.000 Quadratmetern. Die Bilder von Sky-Bee-1 sind im Vergleich dazu gestochen scharf, dort entspricht ein Pixel einer Fläche von 900 Quadratmetern auf der Erde.

Mehr Ernte in der Landwirtschaft mit Satelliten-Daten

Die Satelliten-Bilder sind den Entwicklern zufolge so genau, dass sie insbesondere in der krisengeplagten Landwirtschaft nützlich sein könnten. Mithilfe der Aufnahmen aus dem Weltall könnten Landwirtinnen und Landwirte erkennen, ob ihre Felder gesund sind. Und das schon zwei Wochen früher, als sie es mit bloßem Auge sehen, meint Bierdel. So könnten sie frühzeitig reagieren - etwa bewässern oder düngen - und größere Ernteausfälle verhindern. Gleichzeitig könnten sie Wasser sparen, indem sie nur dort bewässern, wo es wirklich nötig ist. 

Die Klimakrise stellt Landwirtinnen und Landwirte vor immense Herausforderungen: Dürren und Ernteausfälle sind die Folge. Hinzu kommt eine wachsende Weltbevölkerung, die ernährt werden muss. Die Daten des Freiburger Start-ups könnten genau da helfen, sagt Bierdel. 

Ein trockenes Feld
Dürren werden in der Landwirtschaft zunehmend ein Problem. Mit den Daten von constellr könnten künftig 30 Prozent Wasser in der Landwirtschaft eingespart werden.

30 Prozent weniger Wasserverbrauch in der Landwirtschaft

Das Potenzial, in der Landwirtschaft Wasser zu sparen, sei immens, meint Bierdel. 70 Prozent des weltweiten Süßwassers würden dort verbraucht. Mithilfe der Satelliten-Daten könnten bis zu 30 Prozent des Wasserverbrauchs eingespart werden. Denn aktuell würde ein großer Teil der wertvollen Ressource nicht effektiv eingesetzt. Kein Wunder also, dass große Agrar-Firmen zu den Kunden des Start-ups gehören.

Hitzeinseln in Städten erkennen

Bierdel geht außerdem davon aus, dass die Städteplanung massiv von den Daten profitieren könnte. So zeige das erste Bild aus Tokio, wo sich die Stadt besonders aufheize. Mithilfe der Daten könnten dann Lösungen gefunden werden, wo beispielsweise Umbauten und Begrünung notwendig seien, um Hitzeinseln abzukühlen.

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Im Freiburger Start-up constellr wurde eine Software entwickelt, mit der jede Bewegung des Satelliten Sky-Bee-1 nachverfolgt werden kann.

29 weitere Freiburger Satelliten sind geplant

Aktuell ist Sky-Bee-1 noch allein im Orbit unterwegs. Langfristig möchte das Start-up constellr aber 29 weitere Satelliten ins All schicken. Der nächste soll im Juni folgen. Bereits ab 2027 soll mithilfe der Satellitenkonstellation an jedem Fleck der Erde täglich die Oberflächentemperatur gemessen werden. Das wäre eine absolute Neuheit.

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