Alexey Gresko ist im Juli 2021 aus Russland geflohen. Jetzt lebt er gemeinsam mit seiner Familie in Freiburg. Er spricht fließend Deutsch und hat mit SWR4-Moderatorin Dinah Steinbrink über Putins Krieg in der Ukraine gesprochen.
SWR: Wenn Sie die aktuellen Nachrichten verfolgen, was Putin in der Ukraine treibt, was macht das mit Ihnen?
Alexey Gresko: Wir sind alle entsetzt über diese Ereignisse. Ich wurde persönlich auch unterdrückt. Mein Großvater kommt aus der Ukraine. Ich habe drei Jahre lang in der Ukraine gelebt und gearbeitet. Deswegen ist es für mich auch peinlich, was mit diesem Land passiert und dass mein Land solch ein aggressiven Krieg führt.
Sie haben selbst als Oppositioneller gearbeitet, Nawalny unterstützt und für ihn Wahlkampf betrieben. Was hören Sie jetzt von Menschen aus Russland, die kritisch gegenüber dem Kreml und dem Krieg sind?
Es gibt viele Leute, die seit Jahren gegen Putins Diktatur kämpfen. Die Leute, die gerade in Russland auf die Straßen gehen und ihre Meinung frei äußern, stehen stark unter Druck und sind in Gefahr. Deswegen sind sie auch wahre Helden.
Denken Sie, das kann noch länger so weitergehen?
Ich glaube, wir stehen erst am Anfang. Es wird noch eine Weile dauern, bis wir ein freies demokratisches Russland aufbauen können. Der Westen muss jetzt Stärke zeigen. Einerseits bis die Welt Putin los wird. Andererseits muss man mit allen Mitteln die Opposition in Russland unterstützen.
"Man muss die Kanäle der freien Information aufrechterhalten, weil die Bevölkerung mehr und mehr mit Propaganda konfrontiert wird und immer weniger Informationsquellen hat."
Deswegen muss man daran denken, Radiosender, wie Voice of Amerika, BBC und die Deutsche Welle auch auf Russisch zugänglich zu machen. Die Sanktionen müssen dazu führen, dass sich die Leute fragen, warum das passiert, und warum ihr Leben schlechter wird.
Kann Putin in Ihren Augen überhaupt gestoppt werden?
Es gibt hier keine Wahl. Wir müssen ihn stoppen! Natürlich ist es möglich, und wir müssen ihn mit allen Mitteln stoppen! Wir müssen es jetzt alle zusammen machen, sonst wird es nur noch gefährlicher in der Zukunft.
"Wir müssen Putin mit allen Mitteln stoppen!"
Für Sie war es in Russland auch gefährlich und deshalb sind Sie geflohen. Wie haben Sie es geschafft, hierher zu kommen?
Irgendwann war klar, dass es ein Strafverfahren wegen meiner politischen Tätigkeit gegen mich geben wird. Ich habe nach der letzten Entlassung aus der Kurzstrafe nicht mehr zuhause übernachtet und versucht, ins Ausland zu fliehen. Dann ist es mir gelungen, durch die Türkei nach Deutschland zu kommen. Das war eine spannende Geschichte. Damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Ich bin dem deutschen Staat sehr dankbar, dass ich hier eine Zuflucht finden konnte.
Sie leben jetzt mit Ihrer Frau und zwei Söhnen in Freiburg. Wie leben Sie hier?
Es war nicht meine Wahl, nach Freiburg zu kommen, aber ich bin sehr froh, dass ich hier gelandet bin. Mir gefällt Freiburg als Stadt sehr. Wir haben uns schon ein bisschen eingelebt und die Kinder besuchen jetzt das Gymnasium. Ich und meine Frau sind auf Jobsuche. Wir werden uns in die Gesellschaft einleben und aktiv bleiben.
Haben Sie denn von hieraus noch Kontakt zu Alexej Nawalny oder zu anderen Unterstützern von damals?
Zu Alexej Nawalny nicht mehr. Er ist jetzt im Gefängnis in Pokrow in Russland. Aber zu ehemaligen Kollegen habe ich natürlich Kontakt. Es gibt auch eine aktive Gruppe in Freiburg. Jetzt unterstützt man die Ukrainer. Ich habe auch an den Kundgebungen von den Ukrainern gesprochen, um zu erklären, dass dieser Krieg nicht im Namen von Russen geführt wird. Das ist rein Putins Krieg. Wir möchten auch, dass Putin so früh wie möglich gestoppt wird.
Das Interview führte SWR4-Moderatorin Dinah Steinbrink.