Sechs Jahre hat Olga, die nur ihren Vornamen nennen will, für eine Reinigungsfirma in Freiburger Schulen geputzt. Genauso lange hat sie auch für die Bezahlung ihrer Überstunden gekämpft. Und das waren nicht wenige.
"Ich musste 17 Klassenzimmer aufräumen und saubermachen. Dazu kam die Kantine, zwei Büros und zwei große Toiletten. Das alles musste ich in dreieinhalb Stunden schaffen."
Arbeitgeber wollte Überstunden nicht bezahlen
Das Pensum war in der vorgesehenen Zeit für sie und ihre Kollegen schlicht nicht zu schaffen, Überstunden häuften sich an. Manchmal bis zu zehn Stunden in der Woche. Doch bei der Bezahlung sperrte sich die Reinigungsfirma. Der Chef hätte immer versucht, einen Grund zu finden, um sie zu entlassen, erzählt sie. Olga ließ sich aber nicht beirren und blieb.
Vorwand für Kündigung gesucht
Für ihren Arbeitgeber wurde Olga deshalb immer unbequemer. Wegen eines angeblichen Diebstahls wurde sie schließlich entlassen. Auch dagegen wehrte sie sich. Olga ging vor Gericht und bekam Recht. Ihr Anwalt, Stefan Jönsson aus Kirchzarten (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald), kennt die Branche. Die Lohnzettel seien auf den ersten Blick zwar ordnungsgemäß, die Wirklichkeit sehe aber oft anders aus: Viele Leistungen würden schlichtweg nicht bezahlt. Statt eines Stundenlohns von 10,80 Euro würde eine Pauschale abgemacht.
"Sie sagen: Du hast eine Stunde Zeit für dieses Objekt. Tatsächlich dauert es eineinhalb Stunden plus Anfahrt und Abfahrt. Das macht fünf Euro netto."

Preisdumping in der Reinigungsbranche
Viele Reinigungskräfte haben einen Migrationshintergrund und sprechen kaum Deutsch. Weil sie auf einen Arbeitsvertrag angewiesen sind, nehmen sie die Hungerlöhne oft hin. Das größte Problem sei, dass diese Reinigungsfirmen wie Pilze aus dem Boden wachsen würden, berichtet der Anwalt. Sie seien illegal am Markt und würden die Preise drücken. Gegen dieses Preisdumping hätten ehrliche Unternehmen kaum eine Chance, am Markt zu bestehen. "Die ganzen schwarzen Schafe machen den vernünftigen Arbeitgeber kaputt", ist Stefan Jönsson überzeugt.
Gewerkschaft kritisiert lasche Kontrollen
Auch der Gewerkschaft IG Bau sind diese "schwarzen Schafe" ein Dorn im Auge. In Olgas Fall wurde die Reinigungsfirma sogar von der Stadt Freiburg beauftragt. Der Gewerkschaft zufolge sei man dort zwar bemüht, die Sache in den Griff zu kriegen. Das Problem sei aber, dass Aufträge oft europaweit ausgeschrieben werden müssten und deshalb die billigsten Reinigungsfirmen den Zuschlag bekommen würden. Andreas Harnack von der IG Bau fordert deshalb wasserdichte Vergabeverträge und vor allem Kontrollen.
"Die Kontrolle muss intensiviert werden, weil ohne Kontrolle geht es leider nicht."

Stolz über gewonnenen Prozess
Wäre mehr kontrolliert worden, wäre Olga der Gang vor Gericht erspart geblieben. Aber sie hatte den Mut und der wurde belohnt. "Ich war sehr stolz und zufrieden", freut sich die Reinigungskraft. "Ich habe gewonnen! Ich habe nicht zugelassen, dass man mich unter Druck setzt." Jetzt ist Olga auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle – diesmal mit fairen Bedingungen. Schließlich gilt auch in der Reinigungsbranche der Mindestlohn.