Eine Frau fährt mit ihrem Fahrrad auf einem Fahrradschutzstreifen. Links davon ist eine zweispurige Straße, die Bahnhofstraße in Lörrach. (Foto: SWR, Katharina Seeburger)

Vorwurf: Südbadens Autofahrer halten sich nicht an Mindestabstand

Radfahrer beschweren sich wegen Überholmanövern

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Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau. (Foto: SWR, Laura Könsler)

Autofahrer müssen mindestens 1,5 Meter Abstand halten, wenn sie Radfahrer überholen. Laut der Lörracher IG Velo passiert das selten. Die Polizei hat Probleme, das zu kontrollieren.

Seit April 2020 müssen Autofahrer innerorts mindestens 1,5 Meter und außerorts mindestens zwei Meter Abstand halten, wenn sie Radfahrer überholen wollen. Doch Radfahrer aus Lörrach und Freiburg beschweren sich, dass der Abstand oft nicht eingehalten wird. Außerdem würde die Polizei nicht kontrollieren, ob der Abstand eingehalten wird.

SWR-Reporterin Katharina Seeburger berichtet über die Situation von Radfahrern in Südbaden:

Dashcam zeichnet fehlenden Abstand beim Überholen auf

Radfahrer Oliver Neumann aus Freiburg kann ein Lied davon singen, dass der Mindestabstand oft nicht eingehalten wird. Erst vor kurzem ist er in der Wiesentalstraße in Freiburg von einem Auto überholt worden, das nicht mal einen halben Meter Abstand eingehalten hat. Das ganze hat Oliver Neumann mit einer Dashcam aufgezeichnet, das Video liegt dem SWR vor.

Ein Mann steht mit seinem Fahrrad in der Kartäuserstraße in Freiburg. (Foto: SWR, Sebastian Bargon)
Oliver Neumann ist in und um Freiburg viel mit dem Fahrrad unterwegs. Wie zum Beispiel hier in der Kartäuserstraße überholen in Autofahrer immer wieder mit zu wenig Abstand.

Laut Interessensgemeinschaft "IG Velo" schreckt fehlender Sicherheitsabstand ab

Auch im Kreis Lörrach ist es ein Problem, dass Autofahrer sich nicht an den Mindestabstand beim Überholen halten. Das bestätigt die Interessensgemeinschaft "IG Velo", die sich im Kreis Lörrach seit 35 Jahren für die Interessen von Fahrradfahrern einsetzt. Laut deren Co-Vorsitzenden Wolfram Uhl ist es grundsätzlich unangenehm innerhalb von Städten mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. In Lörrach sei vor allem die Bahnhofsstraße problematisch.

Ein Mann und eine Frau stehen nebeneinander. Vor ihnen steht ein Fahrrad.  (Foto: SWR, Katharina Seeburger)
Die Vorsitzenden der IG Velo: Wolfram Uhl und Madlee Disch.

Viele der Mitglieder der IG Velo seien unzufrieden, da sich das Thema Sicherheitsabstand so wenig verbessere. "Es gibt viele, die gerne mehr mit dem Fahrrad fahren würden. Aber es schreckt sie ab, sich hier im täglichen Verkehr zu bewegen", sagt Wolfram Uhl.

Vorwurf: Die Polizei kontrolliert die Abstände beim Überholen nicht

Der Polizei werfen Oliver Neumann und Wolfram Uhl vor, dass sie nicht kontrolliert, ob der Abstand eingehalten wird. Das baden-württembergische Innenministerium sagt: Es wird kontrolliert. Wie eine Stellungnahme des Innenministeriums zeigt, fehlt es der Polizei dafür allerdings gleichzeitig an technischer Ausstattung:

"Ein Einsatz spezieller technischer Messgeräte erfolgt in Baden-Württemberg nicht, da bislang kein System am Markt verfügbar ist, das über eine Zulassung der Physikalisch Technischen Bundesanstalt verfügt und damit als beweissicher einzustufen ist."

Dabei gibt es Geräte, die den Abstand zwischen Autos und Fahrrädern messen können. Die Ergebnisse könnten aber vor Gericht nicht verwendet werden.

An einem Fahrradlenker ist ein rechteckiges Messgerät angebracht. Es soll den Abstand von Autos messen, die das Fahrrad überholen. (Foto: SWR, Katharina Seeburger)
Wolfram Uhl hat ein selbst gebautes Messgerät an seinem Fahrrad angebracht. Das Gerät misst ab dem Ende des Lenkers den Abstandn den Autos beim Überholen zu dem Fahrrad haben.

Dass die Kontrollen schwierig sind, bestätigt auch die Verkehrsunfallprävention der Polizei in Lörrach. Man setze beim Thema Mindestabstand daher vor allem auf Prävention.

IG Velo fordert: Gesetzgeber muss Einhaltung des Mindestabstandes kontrollieren

Wolfram Uhl von der IG Velo findet die Aussage des Innenministeriums unmöglich. Es gebe schließlich eine klare gesetzliche Regelung.

"Der Gesetzgeber ist dafür verantwortlich, dass die entsprechend eingehalten und entsprechend auch kontrolliert werden. Also sich einfach weg ducken, das geht nicht."

Tipps für Auto- und Radfahrer um den Mindestabstand sicherzustellen

Wie können also die Autofahrer selbst sicherstellen, dass sie genügend Abstand beim Überholen haben? Laut Wolfram Uhl kann man bei Gegenverkehr nicht überholen. Das gelte vor allem innerhalb von Städten, weil die Straßen nicht breit genug seien. "Grundsätzlich gilt: auf die Gegenfahrbahn fahren. Dann habe ich gesichert, die Meter 50 bis zwei Meter", sagt Wolfram Uhl

Oliver Neumann aus Freiburg hat einen Tipp für die Radfahrer: "Nicht am rechten Rand der eigenen Spur fahren, sondern tendenziell eher in der Mitte." Damit mache man als Radfahrer deutlich: "Hier bin ich, ich bin auch Verkehrsteilnehmer."

Noch bis 30. November können Radfahrer beim "Fahrradklima-Test" des ADFC mitmachen. In der Online-Umfrage können Radfahrer angeben, wie zufrieden sie mit den Rahmenbedingungen in ihrer Stadt sind.

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