Knapp 600 Einwohner zählt das elsässische Dorf Nambsheim neben Fessenheim. Wenn Michèle Fürstoss dort auf ihrer Terrasse steht, blickt sie auf Wiesen und alte Bäume. Sie liebt die Ruhe, die artenreiche Natur. Aber damit ist es womöglich bald vorbei. Denn hinter ihrem Garten ist ein deutsch-französischer Gewerbepark geplant: EcoRhena. Er soll neue Wirtschaftskraft in die abgelegene Region bringen – jetzt, wo im Nachbarort Fessenheim das Atomkraftwerk Geschichte ist. Die Nambsheimer befürchten große Industrieanlagen mit Lärm und Lastern oder gar eine Recycling-Anlage für alte AKW-Bauteile. Aber das wolle man im Ort auf keinen Fall.
"25 Meter von unseren Häusern entfernt wollen sie Industrie ansiedeln und in 150 Metern Entfernung fährt dann der Atomschrott an uns vorbei. Nein, das ist unmöglich! Ich glaube nicht, dass der französische Präsident das vor seiner Haustür akzeptieren würde."

Dass der AKW-Betreiber EdF in einem "Technocentre" bald radioaktiv belastete Bauteile aus alten AKW aus ganz Frankreich oder gar Europa einschmelzen könnte, ärgert auch Umweltverbände. Alsace Nature ist deshalb aus dem grenzüberschreitenden Lenkungsausschuss zum Post-Fessenheim-Prozess ausgestiegen. Die Umweltorganisation fordert Zukunftstechnologien zur Energiewende, also das Gegenteil einer nuklearen Reststoff-Recyclinganlage. Das eine sei mit dem anderen nicht vereinbar, heißt es.
"Atomschrott einschmelzen ist keine Innovation! Das ist eher ein Rückschritt!"
Auch die deutsche Seite setzt auf grüne Zukunftstechnologien in dem geplanten Gewerbepark. Ein "Technocentre" sei nicht mit der Vision einer Modellregion vereinbar, betont die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer.
"Mehrere Kommunen, die jetzt beteiligt sind an diesem Gewerbepark, haben gesagt: Wenn ihr das "Technocentre" nicht streicht, dann steigen wir aus dem Projekt aus. Es wäre das Ende des grenzüberschreitenden Gewerbeparks."
Aber noch ist alles offen. Deutschland und Frankreich haben 800.000 Euro in eine Machbarkeitsstudie investiert, die Anfang nächsten Jahres konkrete Ergebnisse liefern soll, was in dem Gewerbepark alles möglich wäre.
"Die Projektideen sind da: grüne Batterien, Batterierecycling, grüner Wasserstoff... Und parallel dazu sind wir auf der Suche nach Investoren. Meine Hoffnung ist: Wir sind schneller als das "Technocentre" und können zeigen, dass wir schneller Arbeitsplätze schaffen können."
Mit nicht lärmenden Forschungseinrichtungen für Erneuerbare Energien oder Photovoltaikanlagen könnten sich wohl auch die Nambsheimer anfreunden – Hauptsache für sie: keine Großindustrie und kein Atomschrott-Recycling.