Die Teilnehmer einer Pressekonferenz sitzen im Regierungspräsidium in Freiburg. Die Ermittlungsbehörden informieren während einer Pressekonferenz zum Tod einer 14-Jährigen aus Gottenheim bei Freiburg. Die Leiche des Mädchens war am Freitag im hessischen Wetteraukreis gefunden worden, nachdem sie etwa eine Woche vorher als vermisst gemeldet worden war. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth)

Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft

Tod der 14-jährigen Ayleen aus Gottenheim: 29-jähriger Tatverdächtiger festgenommen

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Nach dem Tod der 14-jährigen Ayleen aus Gottenheim hat die Polizei einen Mann festgenommen. Er ist wegen eines Sexualdelikts vorbestraft und soll mit der Schülerin über das Internet Kontakt gehabt haben.

Offenbar ist die 14 Jahre alte Ayleen aus Gottenheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Das hat die Polizei Freiburg am Montag bei einer Pressekonferenz bestätigt. Außerdem erklärte Polizeipräsident Franz Semling, dass ein 29 Jahre alter Tatverdächtiger festgenommen wurde. Demnach wurden bei ihm persönliche Gegenstände von Ayleen gefunden. Er befindet sich in Untersuchungshaft. Der Leichnam der 14-Jährigen war am Freitag im Teufelsee (Wetteraukreis) in Hessen gefunden worden.

Kontakt zu Ayleen über soziale Medien und dem Online-Spiel "Fortnite"

Noch am gleichen Tag wurde der Beschuldigte festgenommen und am Samstag nach Freiburg gebracht. Ihm wird die "Entziehung Minderjähriger", "sexuelle Nötigung" und "Mord in Verdeckungsabsicht" vorgeworfen. Damit bestehe auch der dringende Tatverdacht wegen eines Sexualdelikts, wie die ermittelnde Freiburger Staatsanwältin Franziska Scheuble erläuterte. Nähere Angaben könne sie wegen der laufenden Ermittlungen derzeit nicht machen.

Der 29-Jährige habe anfangs bestritten, etwas mit der Tat zu tun zu haben. Seitdem mache er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Der Verdächtige und das Opfer kannten sich nach Angaben der Polizei seit mehreren Wochen über das Internet. Die Auswertung der Datenmengen zur Kommunikation in sozialen Medien und dem Online-Spiel "Fortnite" durch die Polizei werde aber noch dauern.

29-Jähriger war in "Programm für rückfallgefährdete Sexualstraftäter"

Der Beschuldigte stand den Angaben zufolge bis vor Kurzem noch unter Führungsaufsicht der Behörden. Er sei in einem Programm für rückfallgefährdete Sexualstraftäter gewesen, erklärte der Präsident des hessischen Landeskriminalamts, Andreas Röhrig. Der Mann sei im Alter von 14 Jahren wegen eines Angriffs auf ein elf Jahre altes Mädchen vom Amtsgericht Wetzlar verurteilt worden, unter anderem wegen versuchten sexuellen Missbrauchs.

Daraufhin sei er zehn Jahre im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht gewesen. 2017 sei er entlassen und unter Führungsaufsicht gestellt worden. Diese sei nach fünf Jahren am 25. Januar aufgehoben worden, sagte Röhrig - das sei der Regelfall in Hessen. Das Programm beinhalte etwa sogenannte Gefährderansprachen, eine engmaschige Betreuung und Kontaktgespräche.

Kriminologe sieht "auf ersten Blick keine Fehler"

"Man hat doch einiges getan, um einen Rückfall zu verhindern", sagte Jörg Kinzig, Leiter des Instituts für Kriminologie an der Universität Tübingen, im Gespräch mit dem SWR. Zehn Jahre seien für einen Jugendlichen eine sehr lange Zeit. Fünf Jahre unter einer sogenannten Führungsaufsicht seien ebenfalls die "Höchstfrist" gewesen, so Kinzig. "Man muss sich immer die Abläufe anschauen, hätte man therapeutisch mehr machen können? Aber insgesamt kann ich jedenfalls auf einen ersten Blick keinen Fehler erkennen", sagte er. "Ich denke wir müssen so ehrlich sein und sagen, das werden wir nie ganz ausschließen können, in einem freiheitlichen Rechtsstaat, in dem Personen nach ihrer Strafe grundsätzlich das Recht haben, wieder in Freiheit zu gelangen", so Kinzig auf Nachfrage.

Das ganze Interview mit Jörg Kinzig zum Nachschauen:

Wie kam Ayleen von Gottenheim nach Hessen?

Wie die 14-Jährige ums Leben kam, ist nach Auskunft der Ermittlerinnen und Ermittler noch unklar. Ihr Leichnam habe mehrere Tage im Wasser gelegen, das erschwere die Arbeit der Rechtsmediziner, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Freiburg, Dieter Inhofer.

Wie Ayleen genau nach Hessen kam, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Sie sei nach bisherigen Erkenntnissen im Auto des Tatverdächtigen mitgefahren, sagte der leitende Kriminaldirektor Arno Englen von der Freiburger Polizei. Ob sie aber freiwillig dort einstieg oder verschleppt wurde, sei unklar. Auch zur genauen Fahrtstrecke liefen noch Ermittlungen, sagte Englen.

Bürgermeister: "Ganz Gottenheim steht unter Schock"

In der Heimat der Schülerin und am weit entfernten Fundort in Hessen herrschen Trauer und Entsetzen. "Es ist das Schlimmste eingetreten, was überhaupt in solch einem Falle eintreten kann. Ganz Gottenheim steht unter Schock", sagte Gottenheims Bürgermeister Christian Riesterer (parteilos).

Ayleen hatte am 21. Juli gegen 18 Uhr ihr Elternhaus verlassen und wurde seitdem vermisst. Eine große Suche der Polizei auch mit Hunden und Polizeihubschrauber brachte keine Ergebnisse. Mithilfe von Handyortung und technischer Überwachung waren die Ermittlerinnen und Ermittler Ende vergangener Woche auf die Leiche des Mädchens gestoßen. Am Samstag teilte die Polizei dann den Tod der 14-Jährigen mit.

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