Viele Mannschaftswagen der Polizei stehen am Platz der alten Synagoge und vor dem Stadttheater in Freiburg. (Foto: SWR, Dinah Steinbrink)

Razzia bei alternativem Radiosender

Freiburg: Polizei durchsucht Geschäftsräume von "Radio Dreyeckland"

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Gabi Krings, Dinah Steinbrink

Der Staatsschutz hat in Freiburg eine Razzia in der linken Szene durchgeführt. Betroffen waren unter anderem die Geschäftsräume des freien Senders "Radio Dreyeckland".

Die Polizei hat am Dienstagvormittag in Freiburg die Geschäftsräume von "Radio Dreyeckland" sowie die Wohnungen eines Redakteurs und des Geschäftsführers des Senders durchsucht. Gegen den freien Rundfunksender wird wegen des Verdachts ermittelt, gegen ein Vereinigungsverbot verstoßen zu haben, heißt es in einer Pressemitteilung. Demnach werde das Verfahren bei der Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe geführt.

Die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland liegen nahe der Freiburger Innenstadt. (Foto: SWR, Dinah Steinbrink)
Auch die Redaktionsräume in der Freiburger Innenstadt wurden durchsucht. Hier wurde jedoch nichts beschlagnahmt.

Karlsruhe wirft den Beschuldigten vor, auf der Homepage von "Radio Dreyeckland" einen Artikel veröffentlicht zu haben, der eine Verlinkung eines Archivs der verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" enthält. Darin soll zu Gewalt gegen die Polizei aufgerufen werden, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft gegenüber dem SWR.

"linksunten.indymedia": seit 2017 verboten

Die Vereinigung "linksunten.indymedia" wurde mit Verfügung des Bundesinnenministeriums vom 14.08.2017 verboten und aufgelöst. Zweck und Tätigkeiten der linksautonomen Gruppierung würden den Strafgesetzen zuwider laufen und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, hieß es damals.

Marion Eiche berichtet in den SWR-Nachrichten:

"Radio Dreyeckland" kritisiert Vorgehen der Behörden

Fabian Kienert, der Redakteur, der den Artikel inklusive dem Link geschrieben hat, kritisiert gegenüber dem SWR das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Gegen sieben Uhr morgens seien acht Beamte in seine Wohnung gekommen und hätten alles durchsucht. "Ich war ziemlich verwirrt und hätte damit auf keinen Fall gerechnet", sagt er. Die Beamten hätten Speichermedien, sein Smartphone sowie seinen Laptop, den er auch dienstlich benutzt, beschlagnahmt. Er zeigt sich vor allem entsetzt darüber, dass die Staatsanwaltschaft wegen eines Artikels, der über die Einstellung eines Verfahrens informiert, Durchsuchungen bei ihm, beim Geschäftsführer des Senders und sogar in den Redaktionsräumen anordnet.

"Für mich war das ein Schock. Ich konnte das wirklich nicht fassen."

Der Fernsehbeitrag zum Nachschauen:

Redakteur sieht Einschränkung der Pressefreiheit

Kienert sieht in den Durchsuchungen einen "unglaublichen Eingriff in die Redaktionsarbeit von "Radio Dreyeckland" und in die Pressefreiheit". Der Freiburger Sender will nach Angaben des Geschäftsführers Alexander Reimann erwirken, dass die beschlagnahmten Geräte zügig wieder freigegeben werden und dass die Daten nicht kopiert und vollständig ausgewertet werden. Schließlich seien auf den Laptops, dem Smartphone und den Speichermedien viele private und sensible Daten gesichert.

Maßnahmen der Polizei für Journalistenverband "unverhältnismäßig"

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) teilte in Berlin mit: "Dass die Polizei in diesem Fall massiv gegen das Redaktionsgeheimnis verstößt, ist völlig unverhältnismäßig." Nicht umsonst habe das Bundesverfassungsgericht den Behörden hier sehr enge Grenzen gesetzt. "Das wirkt leider wie ein gezielter Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten", erklärte der stellvertretende Sprecher des DJV, Paul Eschenhagen.

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