Im Garten des katholischen Kindergartens St. Joseph in Haltingen (Kreis Lörrach) achtet Angelika Greßler darauf, dass ein Mädchen in einem Baumhaus keinen Blödsinn macht. Die Frau mit den dunklen Haaren und der markanten Brille strahlt mit der Frühlingssonne um die Wette. Sie ist 58 Jahre alt, hat fast 40 Jahre lang als Masseurin mit Krebspatientinnen und -patienten gearbeitet und ist nun seit drei Monaten pädagogische Hilfskraft.
Personalmangel macht Kitas zu schaffen
In dem Kindergarten werden über 90 Kinder betreut. Die Leiterin des Kindergartens, Annette Haude, ist sehr froh darüber, dass Angelika Greßler ihr Team unterstützt. Wegen Personalmangel haben die Leiterin und die Erzieherinnen alle Hände voll zu tun. Zwei Kolleginnen seien wegen Krankheit ausgefallen, zwei wegen Schwangerschaft und eine sei in Rente gegangen, so Haude.
Wir stellen uns hier jeden Tag die Frage, wie wir das Personal verteilen.
Von pädagogischer Hilfskraft zur Erzieherin: nur unter bestimmten Bedingungen
Pädagogische Hilfskräfte können Erzieherinnen und Erzieher werden, wenn sie sich zwei Jahre lang bewähren und an insgesamt 25 Tagen pädagogisch fortbilden lassen. Allerdings nur dann, wenn sie gelernte Kinderkrankenpfleger und -pflegerinnen, Dorfhelfende oder Physiotherapeuten und -therapeutinnen sind. Die gelernte Masseurin Angelika Greßler kann also auf diesem Weg keine Erzieherin werden, auch wenn sie das gerne möchte. "Dadurch, dass ich in Anführungszeichen „nur“ Masseurin bin und nicht Physiotherapeutin, kann ich die Fortbildung in Zell im Wiesental nicht machen.", so Greßler. Physiotherapie im heutigen Sinne habe es zur Zeit ihrer Ausbildung vor 40 Jahren noch nicht gegeben.
Angelika Greßler hilft gerne. Als Anfängerin verdient sie monatlich gerade mal 1.100 Euro brutto. Trotzdem hat sie es bisher nicht bereut, dass sie pädagogische Hilfskraft geworden ist.
Es kommt so viel Liebe rüber von den Kindern und das animiert einen, diesen Job zu ergreifen.
Kita-Leiterin wünscht sich mehr Flexibilität
Kindergartenleiterin Annette Haude wünscht sich für das Kindergartenpersonal mehr Perspektiven bei der Qualifizierung und mehr flexibles Arbeiten. Auch Mütter würden immer wieder als pädagogische Hilfskräfte einspringen. Auch deshalb würde es helfen, mehr Ausbildungsmöglichkeiten in Teilzeit anzubieten.
Bis 2030 sollen in Baden-Württemberg insgesamt 40.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Um den Mangel zu beheben, sind verschiedene Szenarien denkbar: Die Kindergartengruppen vergrößern, den Personalschlüssel senken oder den Erzieherinnen und Erziehern mehr Gehalt zahlen. Dafür setzt sich die Gewerkschaft Verdi ein. In den Tarifverhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern, die sich erfahrungsgemäß indirekt auch auf Erzieherinnen bei freien und kirchlichen Trägern auswirken, ruft die Gewerkschaft Verdi am Montag, den 7. März, zu Warnstreiks in Lörrach und Offenburg auf.