Moritz Findeisen ist 33 Jahre alt. Er hat katholische Theologie in Freiburg studiert, engagiert sich in seiner Kirchengemeinde und spielt dort sonntags Orgel. Aktuell absolviert er am katholischen Institut für Publizisten eine Ausbildung zum Journalisten: Ein junger, engagierter Mensch – ein Glücksfall für die katholische Kirche, sollte man meinen. Aber Moritz Findeisen bringt etwas mit, was aus Sicht der katholischen Kirche ein unüberwindbarer Makel ist: Er ist schwul und steht offen dazu.
Positive und schockierende Erfahrungen
Moritz Findeisen hat sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Er schildert zum Beispiel eine Situation in einer Freiburger Gemeinde, in der er sich engagiert hat. Er habe gewusst, sie sei konservativ. Aber er sei dennoch schockiert, dass die Reaktionen dort sehr ablehnend waren, als herauskam, dass er schwul ist.
"Es fielen von Gläubigen am Sonntag vor der Kirche Ausdrücke wie Heuchler und Sodomiten brauchen wir hier nicht."
Positiv: Kirchen-Basis ist viel weiter als viele denken
Ansonsten macht Moritz Findeisen aber durchweg positive Erfahrungen in der Kirche. An der Basis sei die nämlich eigentlich schon viel weiter, als viele denken. Auch deswegen kommt für ihn ein Austritt nicht in Frage. Er will etwas bewegen. Denn er fürchtet um die Zukunft der Kirche. Die Kirche müsse auf die Leute zugehen, sagt Findeisen, weil sie sonst ihren Auftrag völlig verfehle.
"Ich hoffe, dass diese Aktion der Kirche ihren Auftrag deutlicher macht. Dass sie sieht, wir haben hier Menschen, die zu unserem Kreis gehören. Das sind Leute von uns. Und wir haben eine Verantwortung für die und wir haben diese Menschen offensichtlich vernachlässigt."
Erzdiözese gibt nur eine allgemeine Stellungnahme ab
Vier Tage nach dem großen Outing "Out in church" in einer ARD-Dokumentation äußert sich auch der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. Ein Interview mit dem SWR zum Thema lehnt die Erzdiözese ab. Es gibt nur eine offizielle Stellungnahme zu der Aktion. Darin heißt es etwa:
"Alle sind in der Kirche willkommen. Unabhängig davon, welche sexuelle Orientierung oder welches Geschlecht sie haben. Dass Homosexuelle Respekt und Achtung erfahren, steht für mich außer Frage."
Findeisen: "Bischöfliche Wohlfühlworte reichen nicht."
Für Moritz Findeisen ist das nicht ausreichend. Er habe andere Erfahrungen gemacht. Es müsse mehr sein, als zu sagen "wir heißen alle willkommen". Es seien nicht alle willkommen - das sei ein Fakt. Findeisen hofft, dass durch die Aktion die öffentliche Aufmerksamkeit in diese Richtung gelenkt wird und die Bischöfe nicht durchkommen mit "solchen Wohlfühlworten". Er fordert, dass das kirchliche Arbeitsrecht geändert wird und dass die sexuelle Orientierung keine Rolle spielt. Doch Erzbischof Burger sagt dazu. "Wir erwarten als Kirche, dass sich unserer Mitarbeitenden mit der Botschaft Jesu identifizieren können und die Werte der Kirche teilen. Vor diesem Hintergrund wird das kirchliche Arbeitsrecht immer wieder evaluiert. Aber Veränderungen passieren nicht über Nacht."
Zuversicht: Kirchen-Kultur gehört Gläubigen - nicht Bischöfen
Trotz der sehr verhaltenen Reaktion der katholischen Kirche bleibt Moritz Findeisen zuversichtlich. In seiner Wohnung hängt ein maßgetreues Bild des Freiburger Münsters: Die großartigen Bauten, die Kultur, die dazugehöre - die gehöre nicht den Bischöfen, sagt Findeisen: "Die gehört allen Gläubigen, das Münster gehört der ganzen Stadt. Deswegen muss auch die Gesellschaft ihnen auf die Finger gucken und sagen: Ihr habt hier die schönsten Kulissen, jetzt schaut, dass auch der Inhalt anständig ist."