Ein großer Raum in einem Rohbau mit unverputzen Betonwänden. (Foto: SWR, Wera Engelhardt)

Gerichtssaal für bis zu zwölf Angeklagte

Freiburg: Neuer Saal für Prozesse gegen organisiertes Verbrechen

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Wera Engelhardt
Wera Engelhardt (Foto: SWR)

Der Justiz im Südwesten wird es zu eng. Immer wieder gab es zuletzt große Prozesse mit vielen Beteiligten, die kaum in die Säle passten. In Freiburg wird nun Platz geschaffen.

Weil die Zahl der großen Prozesse mit vielen Angeklagten nach Angaben der Justiz zuletzt zugenommen hat, entsteht in Freiburg ein neuer zentraler Gerichtssaal für Baden-Württemberg. Mammutprozesse aus dem ganzen Land sollen dort verhandelt werden können, wie Klaus Stohrer vom federführenden Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe dem SWR sagte. Der Saal in einem Neubau am Rande der Freiburger Innenstadt biete Platz für bis zu zwölf Angeklagte und insgesamt bis zu 200 Menschen.

Justiz braucht mehr Platz

"Wir haben festgestellt, dass in der Vergangenheit die Verfahren zugenommen haben, wo eine größere Zahl von Angeklagten vor Gericht stand und wo die Bestandsgebäude zum Teil nicht oder kaum ausgereicht haben, alle Angeklagten und die anderen Verfahrensbeteiligten unterzubringen", sagte Stohrer. Für solche Verfahren werde neuer Raum dringend gebraucht.

Auch vom Justizministerium hieß es, dass viele der bestehenden Gebäude nur bedingt für große Prozesse geeignet seien. Das betreffe nicht nur die Größe der Säle, sondern zum Beispiel auch die Zahl der Vorführzellen für die Angeklagten, teilte eine Sprecherin mit. Einen zentralen Gerichtssaal gibt es schon jetzt im Prozessgebäude im Stuttgarter Stadtteil Stammheim. Das jedoch ist der Sprecherin zufolge oft schon ausgebucht.

Bei den großen Prozessen gehe es meistens um organisierte Kriminalität, sagte Klaus Stohrer vom OLG Karlsruhe. So wie 2018, als elf mutmaßliche Mafia-Mitglieder in Konstanz vor Gericht kamen und die Verhandlung aus Platzmangel in einer Kantine stattfinden musste. Aber es gibt auch ganz andere Fälle – etwa die Gruppenvergewaltigung in Freiburg, die von Juni 2019 bis Juli 2020 verhandelt wurde.

Das Gericht steht im Vorfeld einer Urteilsverkündung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe im Gebäude des Landgerichts Freiburg. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth)
So sieht es in einem Saal des Landgerichts Freiburg in der Altstadt aus.

Freiburgs Erfahrung mit großen Prozessen

Der Präsident des Freiburger Landgerichts, Andreas Neff, weiß noch genau, wie mühsam es war, den alten Saal für den Prozess um die Gruppenvergewaltigung mit seinen elf Angeklagten umzurüsten. "Dazu mussten wir den Zuschauerraum verkleinern, zusätzliche Bänke anbringen, eine zusätzliche Dolmetscher- und Übersetzeranlage erwerben und integrieren", erinnert sich Neff.

"Das Ganze war ein sehr großer Aufwand. Und es war natürlich eng – und Enge schafft Stress."

Freiburger Paulussaal aus Notlösung

Dann kam Corona - und das Gericht verlegte den gesamten Prozess in den sogenannten Paulussaal, einen Konzertsaal in der Innenstadt. Auch wegen dieser Erfahrung freut sich Neff auf den neuen zentralen Gerichtssaal. "Es ist eine sehr große Beruhigung, dass wir wissen, dass wir für solche Prozesse künftig gerüstet sind und nicht erst die Voraussetzung schaffen müssen.“

Neues Prozessgebäude muss sicher sein

Daneben bekommt das Landgericht in dem Neubau auch noch drei eigene Säle, für die kleineren Prozesse. Ende dieses Jahres soll der gesamte Komplex fertig sein, voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 soll dann der erste Prozess dort stattfinden können. Mehr als zwei Millionen Euro investiert das Land nach Angaben des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg in den Ausbau des Gebäudes eines privaten Bauherrns, das vom Land angemietet wird.

Wichtig dabei sei vor allem die Sicherheit, sagte der Projektbeauftragte Hans Geinitz. Die Wege und Räume, wo jeweils Angeklagte, Justiz und Zuschauer unterwegs sind, müssen mit Sicherheitstechnik streng getrennt werden. Auch muss gewährleistet sein, dass Angeklagte nicht die Flucht ergreifen können, wenn sie aus den Fahrzeugen hinein ins Gebäude und in die Zellen gebracht werden. "Das haben wir hier gut gelöst, weil wir den großen Saal in der Mitte haben und den Rest drum herum drapieren können", erklärte Geinitz.