Muscheln verraten einiges über das Fließgewässer, in denen sie leben. (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)

Unterschätzte Tiere

Wieso Muscheln so wichtig für Gewässer sind

Stand
AUTOR/IN
Jasmin Bergmann

Die Bachmuschel ist ein unterschätztes und beim Artenschutz oft vergessenes Tier. Dabei ist sie so wichtig für Gewässer. Und sie verrät auch einiges über die Wasserqualität.

Muscheln sind extrem wichtig für Gewässer, denn sie sind wie Filteranlagen. Dadurch nehmen sie ihre Nahrung und Sauerstoff auf - und säubern ganz nebenbei das Wasser. Eine Bachmuschel filtriere pro Stunde bis zu fünf Liter Fließgewässer, sagt Michael Pfeiffer, Gewässerbiologe aus Freiburg.

Wie bei gewöhnlichen Filtern aber auch: Ist das Wasser zu verschmutzt, verenden sie. "Wenn Muscheln ausfallen, dann ist was faul, dann stimmt etwas nicht mit dem Gewässer", sagt Pfeiffer. Er ist vom Regierungspräsidium Freiburg beauftragt worden, sich um den Schutz von Bachmuscheln zu kümmern.

Muscheln zeigen die Wasserqualität

Ist die Wasserqualität schlecht, gibt es weniger Muscheln und auch wenige bis keine Jungtiere. Bei gutem Zustand des Gewässers können die robusten Tiere bis zu 50 Jahre alt werden. Anhand ihres Vorkommens kann Gewässerbiologe Pfeiffer die Wasserqualität erkennen. Und auch in welchem Jahr die Wasserqualität gut war und in welchem schlecht.

"Die Muscheln sind ein Zeiger für eine gute Wasserqualität, weil sie als Filtrierer letztlich die ganze Zeit Stoffe abkriegen, die im Wasser sind."

In einem Bach bei Teningen-Nimburg (Kreis Emmendingen) findet Michael Pfeiffer nur Muscheln, die um die 20 Jahre alt sind. Jungtiere sind keine dabei. Ein Zeichen, dass in dem Gewässer irgendetwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Was genau, muss Pfeiffer noch herausfinden. Das ist oft gar nicht so einfach.

Muscheln verraten einiges über das Fließgewässer, weiß Gewässerbiologe Michael Pfeiffer. (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Gewässerbiologe Michael Pfeiffer sucht in einem Bach in Teningen-Nimburg (Kreis Emmendingen) nach Bachmuscheln.

Muschelbestand in Baden-Württemberg ist "desaströs"

Der ökologische Zustand von Bächen und Flüssen in Baden-Württemberg ist größtenteils "mäßig" bis "unbefriedigend", sagt die Landesanstalt für Umwelt. Das kann auch Michael Pfeiffer bestätigen. Das habe zur Folge, dass der Bachmuschel-Bestand "desaströs" ist. "Der Zustand ist sehr schlecht", sagt er.

Das liege daran, dass in den Fließgewässern zu viele Schadstoffe sind, wie beispielsweise Pestizide, Überreste von Medikamenten und Müll. Ein großes Problem sei auch, dass viele Bäche und Flüsse vor Jahrzehnten begradigt wurden. Dadurch seien sie viel anfälliger, sagt Pfeiffer.

"Wenn wir wollen, dass die Muscheln überleben, dann brauchen wir auch Strukturen für sie."

Laut dem Gewässerbiologen hilft es bereits, wenn Bäche und Flüsse renaturiert werden. Die Schadstoffe seien dann zwar noch immer im Wasser, aber wenigstens seien die Lebensräume der Tiere besser, sagt Pfeiffer.

Muscheln verraten einiges über das Fließgewässer, in denen sie leben. (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Diese Exemplare hat Michael Pfeiffer in einem Bachabschnitt gefunden. Muscheln haben auf ihrer Schale Altersringe - ähnlich wie Bäume.

Muscheln wurden in den 90er Jahren vergessen

Bei all den Wasserschutzmaßnahmen, die es schon gibt, werden Muscheln ganz oft vergessen, kritisiert Pfeiffer. Dabei gehören laut dem Gewässerbiologen Muscheln in jedes Gewässer - wie die Rehe in den Wald.

"Muscheln gehören in jedes Gewässer. Das sollte absolut Standard sein"

Die wichtigste Grundlage für die Erfassung der Wasserqualität in ganz Europa ist die EG-Wasserrahmenrichtlinie. "Bei der Konzipierung dieser Richtlinie in den 90er Jahren hat man die Muscheln schlichtweg vergessen", sagt Nikolaus Geiler, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Vereins Regiowasser in Freiburg. Aus diesem Grund würden auch noch heute die Muscheln keine große Rolle spielen, wenn es um Wasserschutz geht. Michael Pfeiffer vergisst die Bachmuscheln nicht. Er will sie schützen, ihren Lebensraum verbessern und die Wasserqualität erhöhen.

Mehr über Gewässer in Südbaden

Kirchzarten

Den seltenen Dohlenkrebs retten Kampf gegen die Krebspest: Mühlbach bei Kirchzarten trockengelegt

Um die aggressive Krebspest einzudämmen, wurde am Dienstag der Mühlbach bei Kirchzarten trockengelegt. Was bedeutet die Tierseuche für den Menschen und wie geht es jetzt weiter?

SWR4 BW aus dem Studio Freiburg SWR4 BW Südbaden

Schaffhausen

Zu warmes Wasser bedroht Äschen und Forellen Schweizer verhindern Fischsterben - in Baden-Württemberg geht es weiter

Rund 90 Prozent der Äschen sind im Hitzejahr 2018 in der Schweiz in warmen Flüssen verendet. Damit das nicht wieder passiert, sorgt die Schweiz vor - anders als Baden-Württemberg.

SWR Aktuell Baden-Württemberg mit Dreiland Aktuell SWR Fernsehen BW

Lörrach

Unsere Sommerserie: eine Rheinreise Der Rhein als Lebensader: ein Sommer am, im und auf dem Fluss

In Basel ändert der Rhein seine Richtung, ab hier fließt er nordwärts. Doch in der Stadt sorgt er für südliche Stimmung, am, im und auf dem Wasser.

SWR4 BW aus dem Studio Freiburg SWR4 BW Südbaden

Stand
AUTOR/IN
Jasmin Bergmann