Für drei Tage hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Amtsgeschäfte auf seiner "Ortszeit Deutschland"-Reise in die älteste Stadt Baden-Württembergs verlegt: nach Rottweil im Schwarzwald. Am Mittwochmorgen hat er dann auch selbst mit angepackt: In einer traditionellen Bäckerei in der Altstadt half er beim Brezeln backen und traf Kunden im Bäckerladen. Im Anschluss ging es in eine Ausstellung der Rottweiler Narrenzunft. Larven und Häs, Kultur und Traditionen der schwäbisch-alemannischen Fasnet - der Bundespräsident erhielt fachkundigen Input aus erster Hand. Er nutzte seinen Besuch auch für Gespräche mit dem Narren-Nachwuchs. Gerade mit der jungen Generation ins Gespräch zu kommen, nannte Steinmeier als eines seiner großen Anliegen. Überhaupt: Leute treffen, mit ihnen in Kontakt und in Austausch zu kommen - dafür stand ein ausgedehnter Rundgang über den Rottweiler Wochenmarkt nicht von ungefähr auf seinem Terminplan, ebenso ein Besuch in einem Kunstforum.

Bundespräsident Steinmeier sucht den Austausch mit der Bevölkerung
Das oberste Ziel von Steinmeiers Reise zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Bundespräsident sei der Austausch mit der Bevölkerung, hieß es in einer Mitteilung. Die Reise durch Deutschland sei seine Antwort auf die Entfremdung der Gesellschaft von der Politik. Dementsprechend hatte er für Mittwochnachmittag Rottweiler Bürgerinnen und Bürger zu einer Diskussionsrunde eingeladen.
Bei der "Kaffeetafel kontrovers" hat Steinmeier mit Menschen über aktuelle Themen diskutiert - wie die Mobilität im ländlichen Raum und das Zusammenleben nach der Coronavirus-Pandemie. Der Bundespräsident wollte mit ihnen aber auch über ihre Wünsche, Probleme und Ängste sprechen.
Rottweils OB: Bundespräsident praktiziert "Zupfärmel-Demokratie"
Distanz zu den Bürgerinnen und Bürgern abzubauen - das sei Steinmeier laut Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß (parteilos) bereits am ersten Tag seines Besuches gelungen. Eine große Menschenmenge habe den Bundespräsidenten am Dienstag freundlich empfangen. "Man hat gemerkt, dass es ihm ernst ist, auf die Menschen zuzugehen, ganz nah dran zu sein", so Broß im SWR-Interview. Der Bundespräsident praktiziere damit eine "Zupfärmel-Demokratie". Im direkten Gespräch habe er ein offenes Ohr für die Anliegen der Bürger.
"Wenn sich der Bundespräsident drei Tage Zeit nimmt, dann ist das nicht nur ein schönes Zeichen, sondern auch die Chance, vor Ort genau hinzuhören."

Diskussion mit dem Bundespräsidenten auch zur Corona-Pandemie
Steinmeier wollte mit den Menschen auch Themen rund um das Coronavirus diskutieren. "Wir haben in Rottweil immer noch Montagsspaziergänger, die protestieren - und die Frage ist gegen was und warum", sagt Broß. Deshalb waren am Mittwochnachmittag auch Menschen eingeladen, die unter anderem zur Corona-Politik Position beziehen wollten. Das machten sie aber lieber bei einer Demo in der Altstadt.
Demonstration gegen Corona-Politik während Steinmeiers Zeit in Rottweil
Am frühen Mittwochabend hatten sich laut Polizei rund 450 Menschen zu einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in der Rottweiler Innenstadt versammelt. Unter den Protestierenden waren offenbar viele Impfgegnerinnen und Impfgegner. Bundespräsident Steinmeier hat den Demonstranten vorher mehrere Gesprächsangebote gemacht. Die wurden aber abgewiesen. Mit den sogenannten Montagsspaziergängern habe es stattdessen nur einen kurzen Austausch auf dem Marktplatz gegeben.