Kreuz auf einem Wörterbuch mit dem Wort Missbrauch (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Katholische Kirche

Missbrauchsskandal: Bischof aus Freiburg soll weitere Priester versteckt haben

Stand
ONLINEFASSUNG
Charlotte Schönberger
Charlotte Schönberger, Redakteurin und Reporterin beim SWR (Foto: Katja Madžar)

Der Freiburger Theologe Emil Stehle soll systematisch Priester unter Missbrauchsverdacht nach Südamerika verschickt haben. Das ergaben Recherchen der ARD und der spanischen Zeitung "El País".

Der verstorbene renommierte Theologe Emil Stehle (1926-2017) soll maßgeblich daran beteiligt gewesen sein, Priester unter Missbrauchsverdacht in Südamerika zu verstecken. Damit sollten sie der Strafverfolgung entkommen. Das zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins "report München" und der spanischen Zeitung "El País".

Priester in Südamerika untergetaucht

Bereits im September 2020 hatten Autorinnen und Autoren einer Studie zu sexueller Gewalt im Bistum Hildesheim Emil Stehle vorgeworfen, dass er Missbrauchstaten eines Hildesheimer Priesters vertuscht haben soll, indem er ihn im Ausland einsetzte. Die Recherchen der ARD und "El País" haben ergeben, dass Stehle darüber hinaus auch Priestern aus anderen Ländern geholfen hat. Unter anderem habe er mutmaßliche Missbrauchstäter in seiner Diözese Santo Domingo de los Colorados in Ecuador arbeiten lassen.

Bischöfliches Hilfswerk finanzierte Priester unter Missbrauchsverdacht

Auch soll Stehle Anfang der 1960er-Jahre einen Priester aus Süpplingen (Niedersachsen) dabei geholfen haben, in Paraguay unterzutauchen. Der Priester hatte sich zuvor wiederholt an Jungen seiner Jugendgruppe vergangen. Die Finanzierung des Aufenthalts übernahm Adveniat, das bischöfliche Hilfswerk für Lateinamerika. Stehle soll auch Priestern aus anderen Ländern geholfen haben.

Sensationeller Brief-Fund

Die Vorfälle wurden durch Antje Niewisch-Lennartz, die Obfrau der Aufarbeitungskommission des Bistums Hildesheim, bekannt. Sie war auf einen ungeöffneten Umzugskarton im Bistumsarchiv aufmerksam geworden. Darin enthalten war auch ein Brief Stehles aus dem Jahr 1976 an den damaligen Bischof von Hildesheim, Heinrich Maria Janssen. Darin heißt es zum Priester aus Süpplingen: "Ich darf im Sinn Ihres Briefes annehmen, dass Sie einverstanden sind, wenn ich Ihnen diesen neuen Einsatzort nicht bekannt mache und Sie Dritten gegenüber folglich auch keine Auskunft geben können."

Stehle war nach Emeritierung wieder in Freiburg tätig

Emil Stehle war 1951 im Erzbistum Freiburg zum Priester geweiht worden. Anschließend war er als Auslandbischof in Santo Domingo de los Colorados in Ecuador tätig. Er war Leiter der "Fidei Donum"-Koordinationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz. Nach seiner Emeritierung als Bischof war er 2002 aus Südamerika nach Freiburg zurückgekehrt und als Firmbischof im Süden der Erzdiözese tätig.

Stehle selbst auch unter Missbrauchsverdacht

Gegenüber Stehle selbst wurden bereits im vergangenen Jahr Missbrauchsvorwürfe bekannt. Mehr als zehn Frauen haben sich mittlerweile bei kirchlichen Stellen gemeldet. Das Erzbistum Freiburg hatte dazu im Dezember 2021 Stellung bezogen.

Mehr zum Thema

Baden-Württemberg

Autorin und angehende Theologin Johanna Beck | 8.6.2022 Sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche: Katholikin kämpft für Veränderung

Ein katholischer Ordensmann hat Johanna Beck als Kind sexuell missbraucht. Heute kämpft sie für Gerechtigkeit für die Opfer und für Veränderung in der Kirche.

Leute SWR1 Baden-Württemberg

Münster/Trier

Sexueller Missbrauch in Münster Studie: Trierer Ex-Bischof Spital ließ Missbrauchs-Täter gewähren

Der frühere Trierer Bischof Hermann-Josef Spital ist einer Studie der Uni Münster zufolge ebenfalls in den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche verwickelt - weil er nicht handelte.