Seit Jahren fehlt in vielen Handwerksbranchen der Nachwuchs und inzwischen gibt es auch zu wenige Meister. Die Zahl der Meisterbriefe bei der Handwerkskammer Freiburg ist in den vergangenen 20 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen. Viele Betriebsinhaber wollen jetzt in Ruhestand gehen und ihre Meisterbetriebe in jüngere Hände geben, doch sie finden nur sehr schwierig Nachfolger.
Der Markt für Augenoptiker ist leergefegt
Eine Betriebsinhaberin, die bislang erfolglos suchte, ist die Augenoptikermeisterin Ina Klemm aus Efringen-Kichen. Seit 24 Jahren führt die 60-jährige dort das einzige Optikergeschäft in bester Lage, direkt an der Hauptstraße. Einen Stock darunter sind Büro und Werkstatt untergebracht. Alle Apparaturen sind auf dem neusten Stand. Das alles würde die 60-jährige gerne einem Nachfolger übertragen.
"Ich kann ein komplettes Augenoptikergeschäft übergeben, das gut läuft, mit hochwertigen Verkäufen und einen sehr treuen Kundenstamm."
Jahrelange erfolglos nach einem Nachfolger gesucht
Zum 1. April wird sie ihr Optikergeschäft nun schließen und voraussichtlich wird es für immer zu bleiben, denn ein Nachfolger ist bisher nicht in Sicht. In den letzten Jahren hat Ina Klemm sich bei Augenoptikerkollegen und -kolleginnen umgehört, ob sie nicht einen Filialbetrieb aus ihrem Geschäft machen wollen. Sie hat die Freiburger Handwerkskammer um Hilfe gebeten und einen Nachfolger per Facebook und Instagram gesucht, ohne Erfolg.
Handwerk hat goldenen Boden
Auch Helmuth Rieger aus Rheinfelden hat seine Suche inzwischen aufgegeben. Der Elektroinstallationsmeister hätte noch ein prall gefülltes Warenlager abzugeben. Regale voller Schalter und Steckdosen, Kabel und Leisten. Dass keiner seinen Betrieb übernehmen will, ist für ihn absolut unverständlich, denn die Verdienstmöglichkeiten könnten sich sehen lassen.
"Es gab noch nie so goldene Zeiten wie jetzt, Handwerk hat goldenen Boden, und ich habe Kollegen, da ist der Meister-Stundensatz bei 85 Euro, da kann man gut mit leben."
Helmuth Rieger vermutet, dass vielen Jungmeistern die Selbständigkeit einfach zu anstrengend ist. Denn wer einen Betrieb leitet, muss sich mit viel Bürokratie herumschlagen und lange Arbeitszeiten in Kauf nehmen.
"Ein Meisterbetrieb, das bedeutet früh Morgens der erste zu sein und spät Abends der letzte, und wenn dann noch ein Notfall auftaucht, dann muss man halt raus."
Lieber angestellt als selbständig
Viele Jungmeister scheuen wohl auch das Risiko der Selbständigkeit und lassen sich lieber anstellen. In der Coronazeit hat sich diese Unsicherheit vermutlich noch verstärkt. Der Mangel an Betriebsnachfolgern, vor allem im Grenzgebiet, hängt aber auch mit der nahen Schweiz zusammen. Denn dort locken gute Anstellungsbedingungen und hohe Löhne.
Handwerkskammer wirbt für Selbständigkeit
Auf diesen Meistermangel hat die Handwerkskammer Freiburg inzwischen reagiert und das sogenannte Meisternetzwerk ins Leben gerufen. Es soll übernahmewillige Jungmeister mit eingesessenen Betrieben in Kontakt bringen. Die Handwerkskammer organisiert dazu zum Beispiel Treffen für Austauschmöglichkeiten. Zudem sollen künftig Abendveranstaltungen, Vorträge und Reisen angeboten werden, um so für die Selbständigkeit zu werben.