Wahlkampf-Debatte um Geflüchtete

Wie in der Freiburger Landeserstaufnahme für Sicherheit gesorgt wird

Stand
Autor/in
Michael Hertle

In die Freiburger Landeserstaufnahme (LEA) kommen Menschen aus aller Welt. Die große Mehrheit ist friedlich und dankbar. Doch einzelne Problemfälle erfordern strenge Sicherheitsvorkehrungen.

Im Januar 2023 gingen in der Freiburger Landeserstaufnahme (LEA) Gruppen afghanischer, syrischer und nordafrikanischer Flüchtlinge aufeinander los. Damals brauchte es massive Polizeieinsätze, um die Situation zu beruhigen. Wie sieht es heute, zwei Jahre danach in der LEA aus? Gibt es dort weiterhin auch ein problematisches Klientel?

Kontrollen am Eingang der Freiburger Landeserstaufnahme

Am Tor der LEA Freiburg melden sich zwei Neuankömmlinge. Ein junger Mann und eine junge Frau, bepackt mit Rucksack und einem blauen Plastiksack. Sie sind Geflüchtete aus Pakistan, wie sich später herausstellt. Jetzt müssen sie zur Sicherheitskontrolle, durch einen Metalldetektor. Bei dem Mann piepst er, einer der Sicherheitsleute tastet ihn ab. Keine Waffen oder andere gefährliche Gegenstände dürfen rein. Der zweite Sicherheitsmitarbeiter untersucht den Rucksack gründlich.

Jeder Bewohner der LEA muss sich am Eingangstor an- und abmelden, wenn er die Einrichtung verlässt oder wieder hinein will. Sicherheitsleute sind rund um die Uhr präsent, mehr noch als vor zwei Jahren, als es zu den Schlägereien kam. "Wir müssen immer genau wissen, wer zu uns kommt", sagt Peter Kramer, zuständig für die Erstaufnahme von Geflüchteten im Freiburger Regierungspräsidium. Meistens gebe es keine Probleme, aber für Ausnahmen müsse man gewappnet sein.

Leitung und Sicherheitspersonal in der Freiburger Landeserstaufnahme
LEA-Leiter Peter Kramer (2.v.l.) und Beraterin Anne Kaiser mit Sicherheitspersonal in der Freiburger Landeserstaufnahme.

Die letzten zehn Jahre geben uns die Erfahrung, dass vielleicht bis zu fünf Prozent hier sich nicht an die Spielregeln halten und uns teilweise ziemlich in Atem halten.

Aber ihm sei es wichtig zu betonen, dass die überwiegende Mehrheit, 90 bis 95 Prozent der Menschen "sehr, sehr dankbar sind, hier aufgenommen zu werden" und Schutz zu finden. Etwa 450 Menschen aus 27 Nationen leben hier aktuell. Die LEA bietet Platz für bis zu 1.200 Menschen.

Nach Angaben der Freiburger Polizei stellt die LEA selbst zwar keinen Kriminalitätsschwerpunkt dar, die Einrichtung stehe dennoch besonders im Fokus. Teile der LEA-Belegschaft trete "durchaus durch straffälliges Verhalten regelmäßig in Erscheinung", so die Polizei. Konflikte unter den Bewohnern sorgten immer wieder für Polizei-Einsätze.

Teile der LEA-Belegschaft treten durchaus durch straffälliges Verhalten (meist durch Eigentumsdelikte im Stadtgebiet Freiburg) regelmäßig in Erscheinung.

Geflüchtete werden ständig begleitet und beraten

Einer der LEA-Bewohner ist Serdar aus der Türkei. Er lebt seit einem Monat hier. Bei einen Termin mit Beraterin Anne Kaiser möchte er wissen, wie es weitergeht mit seinem Asylverfahren und seinem Deutschkurs. Türken sind aktuell die drittstärkste Gruppe der Geflüchteten - geflüchtet vor dem Erdogan-Regime. Nummer eins sind immer noch Syrer, Nummer zwei Afghanen. Ein Dolmetscher sorgt für Verständigung. Serdar bleibt zuversichtlich, hier bleiben zu dürfen, auch angesichts der aktuellen Migrationsdebatte in Deutschland.

Unabhängige Beratung für Asylsuchende in der Landeserstaufnahmestelle in Freiburg
Serdar (l.) aus der Türkei und sein Dolmetscher bei Anne Kaiser in der unabhängigen Beratung.

Ich will mit anderen keine Probleme haben. Ich höre einfach zu und bemühe mich, alles richtig zu machen.

Anne Kaiser leitet das unabhängige Beraterteam in der LEA. Die meisten Menschen seien froh und dankbar für die Hilfe, sagt sie. Natürlich gebe es schwierige Situationen, aber das liege vor allem an den Fluchterfahrungen. Wenn Menschen aggressiv aufträten, dann habe das nichts mit den Beratenden zu tun, sondern dahinter steckten oft die Ängste und Sorgen der Geflüchteten. "Dadurch können wir damit sehr leicht umgehen", sagt Kaiser.

Beraterinnen und Berater wie Anne Kaiser sind keine Mitarbeiter des Regierungspräsidiums, sondern gehören zu den landesweit in LEAs aktiven Wohlfahrtsverbänden, deshalb können sie unabhängig beraten. Das schafft Vertrauen.

LEA-Leiter Kramer: Leisten einen guten Beitrag

Zwei Häuser weiter befinden sich die Schalter für die Registrierung der Neuankömmlinge. Hier müssen sie ihre Personalien angeben. Doch jeder zweite Geflüchtete hat keine Ausweispapiere. Aber jeder muss seine Fingerabdrücke abgeben. Und die werden mit den internationalen Flüchtlings- und Fahndungsregistern abgeglichen. Grund: In der LEA sollen keine gesuchten Straftäter untertauchen können.

In der Landeserstaufnahme gibt es zusätzlich zu den privaten Sicherheitsdiensten auch eine kleine Polizeiwache. Sicherheit ist oberstes Gebot. Die aktuelle Migrationsdebatte jetzt im Wahlkampf, sagt Peter Kramer, gehe teilweise an der Wirklichkeit in der LEA vorbei. "Wir fühlen uns aber im Zweifel in unserer Arbeit eher gestärkt, dass wir einen guten Beitrag leisten."

Integration der Geflüchteten beginnt bereits in der LEA

Täglich bieten ehrenamtliche Lehrerinnen und Lehrer Sprachkurse für die Geflüchteten in der LEA an. Deutschlernen, da sind sich alle einig, ist der Schlüssel für erfolgreiches Ankommen und die wichtigste Voraussetzung für eine gelingende Integration. Draußen ist die LEA rundherum mit einem Zaun gesichert, die obersten Drähte sind aus Stacheldraht. Aktuell wird der Zaun auf doppelte Höhe ausgebaut, gute vier Meter. Auch das dient der Sicherheit - von außen. Niemand soll ungesehen einsteigen und sich unter die registrierten Geflüchteten mischen können. Die Verantwortlichen der LEA wollen immer ganz genau wissen, wer bei ihnen ist.

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Michael Hertle

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