Jeden Dienstagnachmittag verwandelt sich das Riegeler Bürgercafé in eine farbenfrohe Unterwasserwelt. Anemonen, Fächer-, Spiral und Hirnkorallen drängen sich auf Tischen und Fensterbänken. Dazwischen sitzt ein gutes Dutzend Frauen und häkelt, fachsimpelt, philosophiert. Kein Zweifel: In Riegel ist das Korallen-Fieber ausgebrochen.
Inspiriert von Baden-Badener Kunstprojekt
Mit der Künstlerin und Modedesignerin Anna Busch ist es aus Baden-Baden an die Elz geschwappt. Busch hat an dem Kunstprojekt der Wertheim-Schwestern im Museum Frieder Burda mitgewirkt, beziehungsweise mitgehäkelt. Ein großes Riff aus zehntausenden leuchtenden Woll-Korallen ist dort zu sehen.
"Durch eine ganz alte Handarbeitstechnik kann - mit einer gewissen Leichtigkeit - auf ein sehr aktuelles, ernstes Thema hingewiesen werden."
Korallenstrukturen lassen sich erstaunlich realistisch nachbilden
Diese Idee wird jetzt in Riegel im Kreis Emmendingen fortgeführt und soll in eine eigene Ausstellung Ende Juni münden. Immer mehr Frauen machen mit - und sie sind enorm produktiv. Durch das Verdichten der Häkelmaschen lassen sich die gekräuselten Strukturen der Korallen erstaunlich realistisch nachbilden. Ihre Ideen holen sich die Häklerinnen aus Bildbänden und Videos oder aus der eigenen Phantasie. "Wenn man mal dran ist, hat es auch Suchtcharakter", lächelt Anna Busch, und die anderen pflichten ihr bei.
"Es ist faszinierend, welche Gebilde man mit einer ganz einfachen Technik machen kann. Ich häkele im Moment sicher zwei, drei Stunden jeden Abend vor dem Fernseher."
Die Schönheit der Korallenriffe erlebbar machen
Neben der spürbaren Freude am Korallen-Häkeln ist es aber auch der Gedanke hinter dem Projekt, der die Handarbeiterinnen antreibt. Nämlich, das weltweite Korallensterben ins Bewusstsein zu rücken. "Wir möchten die Schönheit der Unterwasserwelt transportieren", sagt Anna Busch, denn "es hat ja nicht jeder die Gelegenheit, ein Korallenriff im Original zu sehen." Schon durch das Häkeln bekomme man eine neue Beziehung zu diesen Lebewesen.
Klimanetzwerk Riegel unterstützt das Korallen-Projekt
Deshalb ist auch das Riegeler Klimanetzwerk mit im Boot. Dessen Mitstreiter wollen die geplante Ausstellung mit einer Info-Kampagne begleiten. Eine weitere Müllsammel-Aktion entlang der heimischen Gewässer ist ebenfalls geplant.
"Meeresschutz sollte hier an der Elz beginnen. Es ist erschreckend, was wir bei unseren Sammelaktionen an Müll finden - Autoreifen, Flaschen, Plastiktüten ohne Ende."
Ein großer Teil der Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren stammt aus den Flüssen dieser Welt. "Dieser Müll vervielfacht sich, wenn er zu Mikroplastik wird", erläutert Armin Braun, "das nehmen die Fische dann über die Nahrung auf - und wir auch."
Anna Busch ist noch wichtig darauf hinzuweisen, dass für das Korallen-Projekt vor allem alte Woll- und Garn-Reste verwendet werden, um Ressourcen zu schonen. Dem Luftmaschen-Fieber in Riegel tut das sicher keinen Abbruch.