Energieversorger Badenova

Wie abhängig ist Südbaden von russischem Gas, Herr Hellebrand?

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Robert Wolf

Ein Stopp russischer Gaslieferungen hätte auch für Südbaden Konsequenzen, wäre aber keine Katastrophe, sagt Badenova-Vorstand Hans-Martin Hellebrand im SWR-Interview.

SWR: Herr Hellebrand, wie viel Gas aus Russland fließt aktuell in die Küchen und Heizungskeller ihrer Kunden in Südbaden?

Hans-Martin Hellebrand, Vorstand Badenova: Also, die Badenova beschafft, wie die meisten Energieversorger in Deutschland, auch Erdgas am Großhandelsmarkt. Und an diesem Großhandelsmarkt ist es so, dass man Erdgas als homogenes Gut beschafft und somit keine Kennzeichnung hat, welche Mengen nun genau aus welchem Herkunftsland kommen. Und das bedeutet, dass wir auch als Badenova keine spezifische Aussage machen können, wieviel des bereitgestellten Gases jetzt genau aus Russland stammt. Da in Deutschland aber rund 50 Prozent des Erdgas-Volumens insgesamt aus Russland beschafft werden, kann man sicher davon ausgehen, dass der Anteil des Erdgases der Badenova auch etwa bei 50 Prozent liegen wird.

Wenn Russland jetzt heute Nacht spontan beschließt, den Hahn von Nord Stream 1 abzudrehen und es kommt kein Gas mehr aus Russland nach Europa - könnte der Anteil dieses russischen Erdgases einfach so ersetzt werden von heute auf morgen?

Wenn das so wäre, also würde ein solches Embargo greifen, ungeachtet von welcher Seite, würde das natürlich eine große Herausforderung für die Bundesregierung und auch für die Energiewirtschaft in sich tragen. Nichtsdestotrotz sind wir zuversichtlich, dass auch in diesem Winter aufgrund einer solchen Sanktion niemand frieren müsste in Deutschland und auch niemand im Dunkeln säße. Was mich dabei so zuversichtlich stimmt, sind im Wesentlichen folgende Sicherungsmaßnahmen, die wir in Deutschland haben: Zum einen, dass die anderen 50 Prozent des Erdgases eben nicht aus Russland kommen. Und diese [anderen] Bezugsquellen, die ließen sich durchaus von der Kapazität her noch erweitern. Was mich außerdem positiv stimmt, ist, dass wir über eine große Lagerungsinfrastruktur in Deutschland verfügen. Die - Stand heute - auch mit 20 Prozent durchaus noch ausreichend gefüllt ist, sodass wir auch im Falle einer solchen Maßnahme sehr zuversichtlich sind, hier die aktuellen Bedarfe bedienen zu können.

Die Ampelkoalition hat sich die Energiewende ja groß in den Koalitionsvertrag geschrieben. Welche Alternativen gibt es für Erdgas aktuell und welche davon werden für Sie bei der Badenova interessant? Wie können wir es denn schaffen, dass diese 50 Prozent Erdgas aus Russland in Zukunft vielleicht doch etwas geringer werden?

Ja, das muss definitiv das Ziel sein und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist hier ganz klar der langfristige Weg, den es zu gehen gilt. Was kurzfristig jetzt das Mittel der Wahl ist, ist den Bezug von Flüssiggas hochzufahren. Das heißt, über den Seeweg Flüssiggas-Mengen aus den USA, aus den Golfstaaten und aus Australien hier nach Europa zu bringen. Mittelfristig, und das ist die ganz klare Forderung, ist der einzige Weg aus dieser Situation der Ausbau von erneuerbaren Energien.

So, zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Wie werden sich Ihrer Ansicht nach die Energie-Preise in den nächsten Monaten entwickeln?

Wir müssen davon ausgehen, dass uns die aktuelle Volatilität (Schwankung, d. Red.) bei den Preisen an den Beschaffungsmärkten noch eine Weile beschäftigen wird. Und auch dass insgesamt das Gas-Preisniveau auch nach dieser akuten Kriegsphase auf einem insgesamt höheren Niveau bleiben wird. Umso wichtiger ist es deshalb auch, dass sich die Politik nun gemeinsam mit der Energiewirtschaft geeignete Entlastungsmaßnahmen definiert, um dadurch sicherzustellen, dass die Preiseffekte, die wir im Moment auf den Beschaffungsmärkten sehen, eben nicht voll auf die Verbraucher und die Industrie in Deutschland durchschlagen - so wie das etwa jetzt an den Tankstellen zu beobachten ist.

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