Protest gegen das geplante Atommüllendlager in der benachbarten Schweiz (Archiv). (Foto: dpa Bildfunk, Christian Böhmer)

Großer Andrang bei Infoveranstaltung

Hohentengen: Anwohner sind gegen ein Atommüllendlager in Grenznähe

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Petra Jehle
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Gabi Krings

In Hohentengen haben Vertreter der Schweiz mit deutschen Anwohnern über den geplanten Bau eines Atommüllendlagers diskutiert. Der Unmut war groß.

Das Vorhaben, zwei Kilometer von der Grenze entfernt den Schweizer Atommüll in einer Tiefe von 900 Metern im Tongestein zu lagern, sehen die Menschen in Hohentengen (Kreis Waldshut) mit Sorge. Das wurde am Donnerstagabend bei einer Infoveranstaltung deutlich, zu der Vertreter der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) und des Eidgenössischen Bundesamtes für Energie (BfE) eingeladen hatten.

Enormer Informationsbedarf

Die 400 Stühle in der Halle in Hohentengen reichten nicht aus, so viele Menschen waren gekommen. Zahlreiche Interessierte mussten der rund dreistündigen Debatte stehend folgen, der Redebedarf war enorm. Die Stimmung schwankte zwischen Misstrauen, Frust, Besorgnis und nüchternem Pragmatismus. Es gab viele Fragen zu technischen Details und zu dem Verfahren.

Großer Andrang bei der Infoveranstaltung in Hohentengen zum geplanten Atommüllendlager  (Foto: SWR, Petra Jehle)
Großer Andrang bei der Infoveranstaltung in Hohentengen zum geplanten Atommüllendlager

Viele Risiken befürchtet

Die Bürgerinnen und Bürger befürchten Gefahren für das Trinkwasser. Auch Erdbeben, die in der Region immer wieder vorkommen, seien ein großes Risiko. Außerdem könnte es beim Transport der radioaktiven Brennstäbe zu Unfällen kommen. "Wir fühlen uns hintergangen", sagte Rosi Drayer von der örtlichen Bürgerinitiative. Denn der Standort sollte bereits aussortiert werden und sei nur auf Druck der Schweizer Atomaufsicht überhaupt eingehender untersucht worden. Es sei unglaubwürdig, dass die Schweiz ausschließlich nach geologischen Kriterien entschieden habe. Vielmehr gehe es doch darum, das atomare Endlager möglichst nah an die dünn besiedelte Grenze zu bauen.

Kritik an fehlender Laufzeitbegrenzung

Eine junge Frau meinte, es fühle sich so an, als sei man der Kompost der Schweiz. Zwar würden alle eine Mitverantwortung für den Atommüll tragen, allerdings müsse irgendwann Schluss damit sein, sagte sie mit Blick auf die nicht vorhandene Laufzeitbegrenzung für die Schweizer Atomkraftwerke. Dafür gab es viel Applaus.

"Es fühlt sich so an, als wären wir der Kompost der Schweiz!"

Schweiz beschwichtigt

Die Schweizer Verantwortlichen winkten ab. Sie versicherten, dass nach rein geologischen Kriterien entschieden wurde: Der Atommüll könne in dem 900 Meter tiefen, unterirdischen Lager im Tongestein über mehrere hunderttausend Jahre sicher und stabil eingelagert werden. An dem Verfahren wolle man auch die deutsche Seite beteiligen. Außerdem gehe es "nur" um ein Schweizer Endlager. Es sei nicht geplant, dort auch Atommüll anderer Länder zu lagern.

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