Das Pflegeheim "Haus Dorothee" aus Lenzkirch (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) hatte alles versucht, um Pflegekräfte für psychisch Erkrankte zu finden: dutzende Anzeigen in Lokalzeitungen, auf Social Media, Suche nach Zeitpersonal oder bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Die Versuche blieben entweder erfolglos, mit hohen Kosten verbunden oder haben keine Pflegekräfte langfristig ans Haus gebunden, sagt der Heimleiter Christian Wahl.
Das "Haus Dorothee" wirbt deshalb inzwischen zum einen fertig ausgebildete Pflegefachkräfte aus Indien an. Zum anderen kommen auch Menschen aus Indien nach Lenzkirch, um dort eine Ausbildung zur Pflegefachkraft zu machen - ähnlich wie es ein Metzger aus Weil am Rhein (Kreis Lörrach) macht, der wegen des Fachkräftemangels Metzgerazubis aus Indien ausbildet.
Ein Projekt gegen den Fachkräftemangel
Gemeinsam mit einem ehemaligen Reiseleiter aus Indien wurden für das "Haus Dorothee" gezielt Menschen aus Kerala (Südindien) nach Lenzkirch angeworben. Seit zwei Jahren besteht das Projekt, inzwischen sind bereits sechs Pflegekräfte in Lenzkirch im Einsatz. Manche davon sind schon fertig ausgebildet, andere sind noch in Ausbildung.
Eine dieser Auszubildenden ist Sona Paul. Sie ist 24 Jahre alt und vor einem Jahr aus Südindien nach Süddeutschland gekommen.
Sona Paul erzählt, wie sie das neue Leben im Hochschwarzwald empfindet:
Sie fühlt sich hier wohl, sagt sie, denn der Schwarzwald mit seinen hohen Bäumen und Bergen erinnere sie an ihre Heimat. Daher vermisst sie ihre Heimat nur manchmal, wenn es kalt wird.
Unterstützung für indische Pflegekräfte
Zum Lenzkircher Projekt gehört auch eine Wohnung direkt neben dem Heim, wo Sona mit anderen indischen Pflegekräften wohnt und Unterstützung bei den Behördengängen bekommt. Und die scheint nötig: Es gibt große bürokratische Hürden bei der Gewinnung der neuen Fachkräfte. Schulabschlüsse werden teilweise nicht anerkannt und die Dauer der Prüfprozesse beträgt zeitweise mehrere Monate. Auf fertig ausgebildete Pflegekräfte aus Indien, die bereits im Frühjahr verfügbar gewesen wären, musste das "Haus Dorothee" trotz akutem Personalmangel fünf Monate warten.
Viel Bürokratie und Wartezeit für ausländische Fachkräfte
Das möchte Heimleiter Christian Wahl in Zukunft unbedingt ändern. Er fordert, dass sich die Anerkennungsprozesse beschleunigen, damit Menschen, die das möchten, schneller in Deutschland zum Arbeiten kommen. "Es muss nicht sein, dass Zeugnisse von zwölf Jahren College dahingehend überprüft werden, ob die der mittleren Reife entsprechen. Das ist Quatsch, denn so jemand kann in Indien sofort studieren", kritisiert er.
Schnellere Anerkennung und Qualifikationsmöglichkeiten
Um hier bessere Lösungen zu finden, hat Christian Wahl politische Entscheidungsträger in sein Pflegeheim in Lenzkirch eingeladen, die die Abläufe verbessern sollen. Auch die Waldshuter Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) hat sich das Konzept angeschaut. Sie ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium.
An dem Projekt in Lenzkirch ist laut Schwarzelühr-Sutter zu sehen, was wichtig ist: Voraussetzungen, wie das Lernen der Sprache und den Menschen eine gute Betreuung und Gemeinschaft bieten. Das Ziel solle sein, legale Möglichkeiten für Migration zu schaffen. Hier soll in Zukunft auch das erst im Juli in Kraft getretene Fachkräfteeinwanderungsgesetz Abhilfe schaffen. Insbesondere, wenn Menschen noch im Heimatland Qualifikationen wie zum Beispiel Deutschkenntnisse erwerben, sollen sie schneller eine Arbeitserlaubnis erhalten.
So ist auch für Pflegekräfte, die im Heim in Lenzkirch arbeiten möchten, ein sehr gutes Deutschniveau Pflicht. Bevor sie die Ausbildung zur Pflegefachkraft in Deutschland beginnen konnte, musste Sona eine B2-Deutschprüfung absolvieren. Trotzdem waren die Schwarzwälder Dialekte für sie am Anfang eine Herausforderung.
Berufliche Perspektiven in Deutschland
Jetzt möchte Sona erstmal ihre Ausbildung in Lenzkirch abschließen. Das Projekt verlangt, mindestens drei Jahre nach der Ausbildung noch im Haus zu bleiben. Auf diese Jahre freut sich Sona. Gerade fühlt sie sich wohl in dem Heim im Schwarzwald. Sie strengt sich an und die Menschen sind nett zu ihr, sagt sie. Nach der Ausbildung und etwas Berufserfahrung möchte Sona gern in Deutschland bleiben. Vielleicht, sagt sie, möchte sie dann noch irgendwann Ärztin werden.