Geflüchtete Frauen aus Lwiw in Deutschland angekommen (Foto: SWR)

Situation geflüchteter Frauen in Südbaden

Ukrainerinnen in Bad Krozingen: körperlich sicher - Krieg im Kopf

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Charlotte Schönberger
Charlotte Schönberger, Redakteurin und Reporterin beim SWR (Foto: Katja Madžar)
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Anita Westrup

Iryna und ihre Schwiegermutter sind aus der Ukraine geflohen und in Bad Krozingen untergekommen. Dafür sind sie dankbar. Aber die Bilder des Krieges lassen sie nicht los.

Mit gerade einmal einem Koffer und einem Stofftier sind viele Frauen und Kinder aus der Ukraine momentan auf der Flucht. Sie reisen tage- und nächtelang durch Europa und versuchen in der Ferne den Krieg hinter sich zu lassen. Hunderte sind bereits in Baden-Württemberg angekommen, zum Beispiel die Stewardess Iryna und ihre Schwiegermutter, einer Lehrerin aus Kiew. Die beiden Frauen kommen in Bad Krozingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) unter. Sie blicken in eine ungewisse Zukunft.

Bekannte in Bad Krozingen bieten geflüchteten Frauen Zuflucht

Vor wenigen Tagen ist Iryna in Deutschland angekommen. Die Stewardess ist aus Lwiw (Lemberg, seit 1989 Partnerstadt von Freiburg) im Westen der Ukraine geflüchtet. Gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter Iryna Vozniuk kommt die 32-Jährige nun in einer Wohnung bei Bekannten in Bad Krozingen unter. Iryna Vozniuk ist aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew geflohen. Die ersten Sirenen des Krieges hielt sie für Probealarm. Nun sind die beiden Frauen froh, hier in Sicherheit zu sein, mit allem versorgt zu werden, was sie brauchen. Sie konnten nur das Nötigste mitnehmen. Dazu gehörte für Iryna Vozniuk auch die ukrainische Flagge. Bei den Protesten gegen Präsident Janukowitsch auf dem Maidan in Kiew 2014 hatte ihr die Flagge schon einmal Glück gebracht.

Geflüchtete Frau aus der Ukraine hat ihre Flagge nach Deutschland mitgenommen. (Foto: SWR)
Iryna Vozniuk konnte auf ihrer Flucht nach Deutschland nur sehr wenig mitnehmen, auf ihre ukrainische Flagge wollte sie aber auf keinen Fall verzichten.

"Ich will einfach nur sofort zurück. Dann sehe ich die Bilder aus der Ukraine und die sind so schrecklich. Und ich bin so dankbar, dass wir hier Frieden haben."

Freund und Sohn kämpfen als Soldaten gegen die Russen

Die beiden Frauen tragen nicht nur den gleichen Vornamen, sie bangen auch auch um den gleichen Mann, den Freund und Sohn: Vladislaw. Er kämpft als Soldat gegen die russische Armee. "Als der Krieg losging, hat er direkt zur Waffe gegriffen, um die Ukraine zu verteidigen. Ich kann dagegen nichts machen. Ich kann für ihn nur beten", erzählt Iryna Vozniuk. Ihre Stimme stockt. Die beiden Frauen versuchen über ihre Smartphones in Kontakt mit ihrem Liebsten in der Heimat zu bleiben. Ihre Gedanken sind pausenlos in der Ukraine. "Wir müssen stark bleiben wegen ihm. Wenn wir schwach sind, kann er das fühlen", ist sich die jüngere Iryna sicher.

Frauen wollen Kraft tanken und anderen Geflüchteten helfen

Durchatmen, einen kurzen Augenblick nicht an das denken, was sich da gerade in der Heimat abspielt: Täglich gehen die beiden Frauen spazieren und wollen Kraft tanken. Es ist ein friedlicher Augenblick. Doch plötzlich zuckt Iryna Vozniuk bei den Dreharbeiten zusammen. Sie hört das Brummen eines herannahenden Flugzeugs: "Ich hatte gerade total Angst. Dann habe ich gesehen, dass es kein Kampfflugzeug ist."

Die beiden geflüchteten ukrainischen Frauen müssen sich vorerst alleine in der Fremde durchschlagen. Doch sie wollen auch etwas tun, um sich nützlich machen, etwa in der Flüchtlingshilfe, sagen sie. Aber ihre Gedanken sind immer in der Heimat.

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