In der Mitte des Bildes, auf dem Boden, stehen weiße und rote Kerzen. Sie sind zu einem Kreuz angeordnet. Um das Kreuz herum stehen Erwachsene und Kinder, sie halten die blau-gelben Fahnen der Ukraine in der Hand. Unter ihnen ist auch ein Pfarrer in Talar. (Foto: SWR, Sebastian Bargon)

Millionen Tote durch Hungersnot

Freiburger gedenken der Opfer des Holodomor in der Ukraine

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Sebastian Bargon
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Katharina Seeburger
Eine Frau mit dunkelblonden Haaren lacht in die Kamera. Ihre Haare sind etwas länger als schulterlang. Katharina Seeburger trägt einen gestreiften Pullover in blau, rosa und grau. (Foto: SWR, Laura Könsler)

Am 26. November, dem Gedenktag an die Opfer des Holodomor in der Ukraine, haben 80 Menschen in Freiburg auf dem Platz der alten Synagoge gemeinsam gebetet und gesungen.

Mit dem Wort "Holodomor" wird eine künstlich herbeigeführte Hungersnot bezeichnet, die vor 90 Jahren Millionen von Ukrainern das Leben gekostet hat. In Freiburg haben sich am Samstag, dem Gedenktag an die Opfer des Holodomor in der Ukraine, 80 Menschen versammelt. Auch in der Ukraine wurde den Opfern des Holodomor gedacht.

Millionen Menschen starben durch künstlich herbeigeführte Hungersnot

Anfang der 1930er Jahre gab es in der Ukraine Massenproteste gegen die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft in sogenannte Kolchosen. Die kommunistische Partei unter Stalin ging gewaltsam gegen die aufmüpfigen Bauern vor, mit dem Ziel, sie zu bestrafen und umzuerziehen.

Durch die übermäßige Beschlagnahmung von Getreide entstand eine schwere Hungersnot. Die Menschen begannen Hunde, Katzen und Baumrinde zu essen. Allein in der Ukraine kamen vier Millionen Menschen durch den Holodomor, die künstlich herbeigeführte Hungersnot, ums Leben. Tote gab es damals nicht nur in der Ukraine sondern auch in anderen Teilen der Sowjetunion, etwa in Kasachstan und im Süden Russlands.

Drei Frauen stehen nebeneinander. Vor ihnen steht ein Stehpult. Darüber ist die blau-gelbe Fahne der Ukraine gehängt. Auf dem Tisch liegt ein Bünde getrockneter Ähren. (Foto: SWR, Sebastian Bargon)
Oksana Vyhovska (links) ist Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Freiburg. Ihr ist es wichtig über den Holodomor vor 90 Jahren aufzuklären.

Gedenken zum Holodomor in Freiburg

Der Gedenktag in Freiburg begann mit einem Film des kanadischen Regisseurs ukrainischer Herkunft George Mendeluk in der Universität Freiburg. "Holodomor - Bittere Ernte" (Originaltitel: Bitter Harvest) erzählt auf eindringliche Art von den schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sich 1932 bis 1933 in der Ukraine ereignet haben. Die ursprünglich geplante Diskussion nach der Filmvorführung mit Geschichten über den Holodomor fand nicht statt, weil die Zuschauenden von der Geschichte zu sehr betroffen waren.

In einem Hörsaal der Freiburger Universität sitzen Menschen, auf den Tischen stehen kleine blau-gelbe Fahnen der Ukraine. Die Menschen sind von hinten zu sehen und blicken auf eine Leinwand. Auf der Leinwand wird ein Film über den Holodomor gezeigt. In der Szene sind zwei verzweifelte Frauen zu sehen. (Foto: SWR, Sebastian Bargon)
In der Universität Freiburg wurde der Film "Holodomor-Bittere Ernte" (Originaltitel: Bitter Harvest) des kanadischen Regisseurs ukrainischer Herkunft George Mendeluk gezeigt.

Um 18:00 Uhr wurden auf dem Platz der alten Synagoge gemeinsam über 300 Kerzen in Form eines Kreuzes angezündet, um der unschuldigen ukrainischen Hungertoten zu gedenken. Zusammen mit dem ukrainischen Priester Petro Svidrun beteten rund 80 Menschen gemeinsam für die Toten des Holodomor und der Opfer des aktuellen russischen Angriffskrieges.

In der Mitte des Bildes, auf dem Boden, stehen weiße und rote Kerzen. Sie sind zu einem Kreuz angeordnet. Um das Kreuz herum stehen Erwachsene und Kinder, sie halten die blau-gelben Fahnen der Ukraine in der Hand. Unter ihnen ist auch ein Pfarrer in Talar. (Foto: SWR, Sebastian Bargon)
Menschen in Freiburg gedenken den Opfern des Holodomor.

Viele Teilnehmende nahmen eine Kerze mit nach Hause, um sie dort ans Fenster zu stellen. Für Oksana Vyhovska, Vorsitzende der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Freiburg, ist es sehr wichtig, die Geschichte und Kultur ihres Landes in der ganzen Welt bekannt zu machen. Leider geschehe im Moment in ihrer Heimat ähnliches wie damals, sagt sie.

Deutschland könnte Holodomor als Völkermord anerkennen

Jahrzehntelang wurden die sowjetischen Verbrechen verschwiegen, sagt Oksana Vyhovska (Audio). Zur Zeit der Sowjetunion durfte in der Ukraine an den Holodomor nicht erinnert werden.

Mehrere Länder haben den Holodomor inzwischen als Völkermord am ukrainischen Volk eingestuft, darunter erst kürzlich Irland, Rumänien und die Republik Moldau. Wie tagesschau.de schreibt, berät der Bundestag am 30. November 2022 über einen Resolutionsentwurf. Demnach soll auch Deutschland den Holodomor als Völkermord anerkennen.

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