Eingesetzte Hüftprothese von Zimmer Biomet auf einem Röntgenbild (Foto: SWR, Elisa Rijntjes-Hassouraki)

Beschluss mit Fernwirkung

Freiburger Hüftprothesenskandal: BGH urteilt zugunsten eines Betroffenen

Stand
AUTOR/IN
Tamara Spitzing
ONLINEFASSUNG
Elisa Rijntjes-Hassouraki
Isabel Röder

Erfolg für einen Freiburger Patienten im Fall schadhafter Hüftprothesen: Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied zu seinen Gunsten.

Zwölf Jahre haben Betroffene und Anwälte auf diesen Beschluss gewartet - am 9. August hat es der BGH bestätigt: die Hüftprothesen der US-amerikanischen Firma Zimmer Biomet sind schadhaft. Auf diese Entscheidung haben Jürgen Thoma aus Freiburg und sein Anwalt, Sascha Berst-Frediani, seit 2010 gewartet. Dieser Beschluss dürfte Fernwirkungen haben auf alle anderen Prozesse, die sich mit dem Hüftprothesenskandal befassen.

Wie bei zahlreichen anderen Betroffenen traten bei Thoma einige Zeit nach der Implantation starke Schmerzen und Beschwerden auf. Eine zweite Operation zeigte, dass giftige Chrom- und Kobaltpartikel sich von der Prothese abgerieben hatten und der Knochen angefressen war. Thoma beschloss, mithilfe seines Anwalts das medizintechnische Unternehmen zu verklagen. Nach mühsamen Gerichtsverfahren im Landgericht und Oberlandesgericht landete sein Fall schließlich vor dem BGH.

Bestandteile einer Hüftprothese im Lieferumfang: Metallpfanne und Keramikkopf (Foto: SWR, Elisa Rijntjes-Hassouraki)
Bestandteile einer Hüftprothese im Lieferumfang: Metallpfanne und Keramikkopf

Auffassung des Oberlandesgerichts rechtskräftig

Nun hat der BGH entschieden, keine Revision gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts einzulegen. Dieser Beschluss führe zur Rechtskraft der Auffassung des Oberlandesgerichts, erklärt Anwalt Berst-Frediani. Infolgedessen hat Herr Thoma Anspruch auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000€. Außerdem ist Zimmer Biomet nun verpflichtet, alle weiteren Schäden, die durch die schadhaften Hüftimplantate entstanden sind oder noch entstehen werden, zu ersetzen.

Dieser Beschluss wird zweifellos Fernwirkungen haben auf die noch etwa 20 ausstehenden Prozesse, die sich mit dem Fall Hüftprothese befassen. Und sicherlich auch auf die Betroffenen, die es bisher noch nicht gewagt haben, zu klagen. Es könnte sich hierbei um etwa 5.500 Patienten deutschlandweit handeln.

“Meine große Hoffnung ist, dass die Firma Zimmer sich bereiterklärt, ohne weitere große Verfahren, Entschädigungszahlungen an die Betroffenen zu leisten."

Andere Betroffene wollen ebenfalls klagen

Währenddessen hat sich Zimmer Biomet sehr zurückgehalten. Bereits 2018 wurde behauptet, Schuld am Metallabrieb wäre nicht eine fehlerhafte Konstruktion der Prothese, sondern Operationsfehler aufseiten der Ärzte. Auch jetzt nach dem BGH-Beschluss will Zimmer Biomet “keine Stellungnahme zu weiteren Schritten abgeben”, wie sie dem SWR schriftlich mitteilten. Da weitere Betroffene sich nun durch den Beschluss gestärkt fühlen, wird sich dies aber bald ändern müssen. Ein anderer Betroffener aus Freiburg, Til Abele, sagt: "Ich habe am Freitag meinen ersten Termin bei meinem Anwalt, die BGH-Entscheidung hat mich dazu bewegt, nun auch zu klagen. Und das würde ich auch allen anderen Betroffenen empfehlen."

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