Waldshut-Tiengen: Tote Nadelbäume stehen in einem Wald (Sommer 2019) (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Patrick Seeger/dpa (Archiv))

Interview mit Forstexperten

Wie retten wir den Schwarzwald, Herr Bauhus?

Stand
AUTOR/IN
Nadine Zeller
ONLINEFASSUNG
Charlotte Schönberger
Charlotte Schönberger, Redakteurin und Reporterin beim SWR (Foto: Katja Madžar)

200 Jahre alte Fichtenwälder drohen im Schwarzwald abzusterben. Im Interview mit dem SWR erläutert der Forstexperte Jürgen Bauhus, was sich ändern muss, um den Wald zu retten.

Die Wälder in Südbaden sind extrem trocken. Der menschengemachte Klimawandel ist mittlerweile überall im Land spürbar. Und die aktuelle Waldzwischenbilanz für den Forstbezirk Hochschwarzwald zeigt, dass die stärksten Klimaschäden dort sind, wo man sie nicht erwartet. Der Freiburger Forstwissenschaftler Jürgen Bauhus berät die Bundesregierung bei der Waldpolitik.

SWR: Herr Bauhus, wir hatten jetzt fast eineinhalb Monate keinen Regen. Von Anfang Juni bis Mitte August. Was hat das mit dem Schwarzwald gemacht?

Jürgen Bauhus: Der Schwarzwald ist, genauso wie die anderen Regionen Deutschlands, tiefgründig ausgetrocknet. Man kann das zum Beispiel sehr schön sehen, wenn man sich den Dürremonitor des Umweltforschungszentrums anschaut. Da sieht man, dass wir eine außergewöhnliche Dürre haben. Auch hier im gesamten Oberrheingebiet und dem Schwarzwald. Da ist der Boden bis zu 1,8 Meter tiefgründig ausgetrocknet.  

Hier das komplette Hörfunk-Interview zum Nachhören:

Der Forstbezirk Hochschwarzwald hat seine Wald-Zwischenbilanz veröffentlicht. Was genau ist dabei herausgekommen?

Dass in diesem Jahr aufgrund der Dürre der Borkenkäfer mehr Schadholz befallen hat. Nachdem der Befall im letzten feuchten Jahr deutlich zurückgegangen war, nehmen die Schäden jetzt wieder Fahrt auf. Interessant ist auch, dass die Hochlagen im Forstbezirk Hochschwarzwald, beispielsweise die Region um den Feldberg, wesentlich stärker betroffen scheint als die tieferen Lagen, zum Beispiel am Rosskopf oberhalb von Freiburg.

Wie lässt sich das erklären?

Eine Erklärung ist, dass im Feldberggebiet die Fichte die dominante Baumart ist. Die ist in besonderer Weise vom Borkenkäfer betroffen, stärker als die Tanne oder die Douglasie. In den tieferen Lagen haben wir im Vergleich dazu deutlich gemischtere Wälder.

Jürgen Bauhus ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik und berät die Bundesregierung zur Forstpolitik (Archivbild) (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Matthias Bein)
Jürgen Bauhus ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates für Waldpolitik und berät die Bundesregierung zur Forstpolitik (Archivbild)

Was bedeuten denn die geschilderten Beobachtungen für den Umbau der Wälder? Sollte man die, wie einige Forscher fordern, sich einfach selbst überlassen?

Ich weiß nicht, was das bringen soll. Eine solche Anpassung an die neuen Verhältnissen würde viele hundert Jahre dauern. Ich denke, die Anforderungen der Gesellschaft an den Wald sind so vielfältig, dass wir uns das nicht leisten können. Dass dort, wo jetzt Fichtenwälder absterben, sich Fichtenwälder verjüngen. Damit bleiben wir im Katastrophenzyklus. Um da rauszukommen, sollten wir aktiv dort die Baumarten etablieren, von denen wir annehmen, dass sie deutlich besser mit den künftigen Bedingungen fertig werden als die Fichte.

Wie zuversichtlich sind Sie diesbezüglich? Haben wir denn noch eine Chance, wenn wir jetzt aktiv diesen Umbau mitgestalten?

Natürlich haben wir eine Chance, aber das geht nicht zum Nulltarif. Jetzt die Wälder aktiv zu gestalten, bedeutet, dass wir auch Ressourcen in die Hand nehmen müssen, um neue Baumarten oder andere Herkünfte dort zu pflanzen. Wir müssen Mischungen etablieren und diese Wälder nicht nur neu pflanzen, sondern auch pflegen, damit artenreiche Mischwälder entstehen. Das kostet eine ganze Menge Geld, das die Gesellschaft auch bereitstellen muss. Die Waldbesitzer alleine werden das nicht stemmen können.

Vielen Dank für das Interview.