Der ehemalige Briefträger Werner Siebler aus Freiburg hat vor Gericht gegen den Verfassungsschutz Baden-Württemberg verloren. Der 69-jährige hatte verlangt, dass ihm alle Informationen ausgehändigt werden, die der Verfassungsschutz über ihn gesammelt hat. 1984 verlor der Gewerkschaftler seinen Beruf als Briefträger auf Basis des Radikalenerlasses. Grund war seine Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). In den 90er-Jahren klagte Siebler sich wieder in seinen Job ein. Er steht seit Jahrzehnten unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Herausgabe der Informationen laut Verfassungsschutz zu aufwendig
Seit 2021 streiten Werner Siebler und der Verfassungsschutz vor Gericht. Damals hatte Werner Siebler einen Antrag gestellt um zu erfahren, welche Erkenntnisse der Verfassungsschutz über ihn gesammelt hatte. Siebler bekam 37 Erkenntnisse vorgelegt, unter anderem, dass er sich gegen die Berufsverbote engagiert hatte oder bei der Kommunalwahl 2014 in Freiburg auf der linken Liste angetreten war. Weitere Erkenntnisse würden zwar vorliegen, teilte der Verfassungsschutz mit, der Verwaltungsaufwand diese herauszugeben sei aber zu groß.
Nach der Verhandlung am Mittwoch (28.05.) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden, dass der Verfassungsschutz keine weiteren Erkenntnisse an Werner Siebler herausgeben muss. Siebler und sein Anwalt zeigten sich enttäuscht über das Urteil. Die Urteilsbegründung folgt erst in den nächsten Wochen. Dann will Siebler entscheiden ob er in Berufung geht.
Gespräch Aufrecht in die Rente – Werner Siebler war Opfer des Berufsverbots
Postbote Werner Siebler bekam in den 1980ern die ganze Härte des Radikalenerlasses zu spüren, weil er in der Kommunistischen Partei war. Selbst seine Rente fällt dadurch niedriger aus.
Einer von mehr als 10.000 Betroffenen des umstrittenen Radikalenerlasses
Durch eine Plakatkampagne gegen die damals häufigen Berufsverbote wurde Werner Siebler in den 80ern zu "Deutschlands berühmtestem Briefträger". Er diente als Beispiel für mehr als 10.000 Menschen, die durch den sogenannten Radikalenerlass ihren Beruf im öffentlichen Dienst verloren hatten.
Der Erlass war 1972 von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und den Ministerpräsidenten beschlossen worden, um Beamte auf ihre Verfassungstreue zu prüfen. Viele Entlassungen waren umstritten, besonders weil mehrheitlich Anhängerinnen und Anhänger linksextremer Organisationen betroffen waren. Ab Ende der 1970er-Jahre hoben die Länder nach und nach den Erlass wieder auf.
Siebler fordert Entschuldigung der Bundesregierung
Werner Siebler arbeitete ab 1991 wieder bei der Post. Bis zu seinem Ruhestand 2018. Er hatte sich erfolgreich zurück in seinen Job geklagt, wurde aber nie verbeamtet. Bis heute hofft er auf eine offizielle Entschuldigung der Bundesregierung für das zwischenzeitliche Berufsverbot. Siebler engagiert sich als Vorsitzender des Freiburger Stadtverbandes des Deutschen Gewerkschaft Bundes (DGB) und als ehrenamtlicher Richter am Landesarbeitsgericht.