Überall in Deutschland geht das so: Weil den Kirchen nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Priester fehlen, wurden vielerorts bereits kleine Gemeinden zu größeren Seelsorgeeinheiten fusioniert. Auch im Erzbistum Freiburg etwa geht dieser Prozess aktuell weiter. Das Projekt "Kirchenentwicklung 2030" wird – das ist schon entschieden - zu XXL-Gemeinden führen. Dabei droht ein Stück Zusammenhalt und örtliche Identität verloren zu gehen und die Angst in den Gemeinden vor der Anonymität wächst. Vor allem, wenn selbst Kirchengebäude am Ende zur Disposition stehen.
Was macht man mit den überflüssig gewordenen Kirchen?
In der Erzdiözese Freiburg kümmert sich Linus Becherer um dieses Thema. Erzbischof Stephan Burger hat der Diözese angesichts massenhafter Kirchenaustritte und sinkender Kirchensteuereinnahmen eine radikale Schrumpfkur verordnet. Immobilienverwalter Becherer soll nun herausfinden, wie viele der 5.400 Kirchenimmobilien verkauft werden können und den Prozess begleiten. Wie etwa in Mannheim, wo er die Gemeinde St. Peter auf den Abriss ihrer Kirche samt historischem Kirchturm vorbereitet.
Gebäudemanager sieht in Kirchenstilllegungen auch eine Chance
In leer stehenden Kirchen könnte Wohnraum entstehen, wie etwa in der ehemaligen Elisabeth-Kirche in Freiburg, sagt Linus Becherer, der Gebäudemanager im Erzbischöflichen Ordinariat. Auf den Flächen abgerissener Bauten wäre Platz für Altenheime oder Kitas. Das klingt nach einer Zukunftsperspektive, angesichts der derzeitigen Entwicklung. Und trotzdem: Was bedeutet es für ein Dorf oder einen Stadtteil, wenn die Kirche verschwindet?
"Kirchtürme sind die Zeigefinger Gottes. Wenn die verschwinden, verschwindet unsere Identität."

Kirche St. Norbert in Kaiserslautern: entweiht und abgerissen
Es war ein bitterer Tag für die Gemeindemitglieder von St. Norbert in Kaiserslautern. Die Abrissbagger rückten an und machten die kleine Kirche dem Erdboden gleich. Jahrzehntelang wurde hier die Messe gefeiert, wurden Kinder getauft, Ehen geschlossen und um Tote getrauert. Doch am Ende kamen zum Gottesdienst nur noch eine Handvoll Gläubige. Die Kirchenverwaltung hat nachgerechnet: Die fällige Sanierung lohnt sich nicht mehr. Ein Abriss sei die beste Lösung.
Große Unzufriedenheit, Frust und Enttäuschung bei Gläubigen
"betrifft"-Autor Wolfgang Luck hat die Gemeinden, die von der Schließung ihres Gotteshauses betroffen sind, über mehrere Monate begleitet und mit Gemeindemitgliedern gesprochen, die von ihrer Kirche tief enttäuscht sind. Nicht nur weil Gott sein Haus verliert, sitzt der Frust bei vielen tief: Missbrauchsskandale, fehlende Gleichberechtigung von Frauen und das Gefühl als Kirchenbasis nichts zu melden zu haben, machen vielen Gläubigen zu schaffen. So könne es nicht weitergehen, sagen sie. Ein frommer Wunsch – allein: Es fehlt der Glaube. Und wer ihn noch hat, für den wird er zunehmend auf eine harte Probe gestellt.