Der Rücktritt des Straßburger Erzbischofs Luc Ravel sorgt für Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche in Frankreich. Die einen halten es für den überfälligen Schritt eines autoritär auftretenden Kirchenmanns. Andere bedauern die Entscheidung und wittern gar ein Komplott gegen Ravel, der seine Kirche wiederholt kritisiert hatte.
Im Sommer vergangenen Jahres hatte es im Erzbistum eine sogenannte vatikanische Überprüfung gegeben. Französischen Medienberichten zufolge soll Papst Franziskus Ravel danach zum Rücktritt aufgefordert haben. Dem sei er lange Zeit nicht nachgekommen - bis jetzt. Auch eine Petition gegen ihn gab es, mit mehr als tausend Unterschriften, darunter auch solche des elsässischen Klerus.
Pfarrer ist über den Umgang mit Ravel schockiert
Die Kirchenmitglieder Monique und Jean-Marie Simon haben die Petition organisiert. "Es geht uns nicht darum zu siegen, wir haben nicht gewonnen", erklärt Jean-Marie Simon. "Wir haben dem Erzbischof einfach erlaubt, sich seiner Verantwortung zu stellen. Darauf haben alle gewartet.“
Andere bedauern den Rücktritt des Erzbischofs. Sie sehen darin ein Komplott und halten die Vorwürfe für nicht gerechtfertigt. Einer von ihnen ist Abbé Christian Gouyaud, Pfarrer der Kirchengemeinde Saint Madelaine in Straßburg.
"Dieser Ausgang war vorhersehbar, dennoch bin ich bestürzt, dass eine Minderheit die Haut des Erzbischofs forderte. Ja, ich bin schockiert."
"Das ist bedauernswert", sagt auch eine Kirchgängerin nach der Messe in der Kathedrale, "mehr habe ich nicht zu sagen". So mancher sieht in dem erzwungenen Rücktritt eine Retourkutsche erzkonservativer Kreise für die offene Kritik, die Ravel immer wieder gegenüber dem Vatikan geäußert hatte, gerade beim Thema Missbrauch.
Ravel wirft der Kirche Vertuschung von sexuellem Missbrauch vor
Luc Ravel, damals noch amtierender Erzbischof von Straßburg, resümierte seine Vorwürfe an seine Kirche im Jahr 2018 so: "Seit 1950 gibt es ein System, das (...) konsequent die Stimmen der Opfer zum Schweigen bringt. In einigen Dossiers findet man nicht einmal die Zahl der Opfer, geschweige denn deren Namen."
Das Erzbistum Straßburg steht jetzt erst einmal ohne Führung da. Mit Spannung wird erwartet, für wen sich der Vatikan als Nachfolger für Luc Ravel entscheidet.