Es kriselt innerhalb der Stadtverwaltung von Waldshut-Tiengen. Zwischen einzelnen Gemeinderäten und Oberbürgermeister Philipp Frank (CDU) hängt der Haussegen schon länger schief. Doch jetzt hat sich das ganze Gremium der Kritik angeschlossen: Alle Fraktionen des Gemeinderats - inklusive der CDU - haben einen offenen Brief unterschrieben. In diesem Schreiben wird der OB aufgefordert, seinen Führungsstil und seinem Umgang mit dem Personal zu ändern. Die Protestaktion kommt mitten im Wahlkampf. Denn Mitte Juli wird in Waldshut-Tiengen der Oberbürgermeister gewählt.
Offener Brief wurde in Gemeinderatssitzung vorgelesen
So eine Deutlichkeit und Einigkeit im Gemeinderat habe es noch nie gegeben, sagt Harald Württemberger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Der offene Brief an Oberbürgermeister Frank wurde in der jüngsten Gemeinderatssitzung vorgelesen. Alle Gemeinderäte hatten sich dazu von den Stühlen erhoben. "Die Mitglieder des Gemeinderats sind zutiefst betroffen und verärgert", so beginnt der offene Brief. Württemberger ist schon lange mit dem Führungsstil des Oberbürgermeisters unzufrieden. Das Fass zum Überlaufen brachte ihm zufolge aber ein Vorfall in einer nicht-öffentlichen Sitzung vor wenigen Wochen.
Baubürgermeisterin wegen Arbeitssituation krankgeschrieben
Nach jenem Meeting hat sich die neue Baubürgermeisterin, die sogenannte erste Beigeordnete, krankschreiben lassen. Sie ist bereits die dritte Person, die während der Amtszeit von Oberbürgermeister Frank von Schwierigkeiten innerhalb der Führungsspitze des Rathauses spricht. In einer E-Mail an die Gemeinderäte habe die neue Baubürgermeisterin angedeutet, dass die Situation an ihrem Arbeitsplatz die Ursache für ihre gesundheitlichen Probleme sei, berichtet die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Thyen. Das habe alle sehr alarmiert. Der Gemeinderat habe daraufhin reagieren müssen, um die Baubürgermeisterin halten zu können, denn sie mache eine gute Arbeit, so Thyen.
"Das hat uns sehr schockiert und wir haben uns erst einmal große Sorgen gemacht."
OB räumt Schwierigkeiten ein
Personelle Probleme im Bauamt räumt Oberbürgermeister Frank ein. Ein zerrüttetes Verhältnis zwischen ihm und der neuen Baubürgermeisterin streitet er aber ab. Im Gegenteil: Die Zusammenarbeit sei bis vor Kurzem sogar außergewöhnlich gut gewesen - so zumindest habe er es immer wahrgenommen. "Ich müsste an einer massiven Wahrnehmungsstörung leiden, wenn ich da etwas übersehen hätte", sagt Frank.

Hat offener Brief etwas mit Wahlkampf zu tun?
Der Oberbürgermeister ist sich deshalb sicher, dass die Protestaktion etwas mit dem Wahlkampf zu tun hat. Er spricht sogar von Rufmord: "Die ganze Kampagne begann am Tag der Bewerbungsfrist der OB-Wahl. Die lauten Stimmführer sind die erklärten Unterstützer des Gegenkandidaten."
Philipp Studinger, Fraktionsvorsitzender der CDU, weist diesen Vorwurf zurück. Die CDU hat sich als einzige Partei bisher für keinen der beiden Kandidaten ausgesprochen. Den offenen Brief hat aber auch sie unterschrieben. Der Zeitpunkt sei natürlich schwierig, aber der Wahlkampf dürfe jetzt keine Rolle spielen, sagt Studinger.
Der bislang einzige Gegenkandidat von Oberbürgermeister Frank ist übrigens sein früherer erster Beigeordneter Martin Gruner. Auch er hatte damals wegen Unstimmigkeiten mit Philipp Frank die Stelle gewechselt.