Marine Le Pen oder Emmanuel Macron - wer macht am Sonntag das Rennen um die Präsidentschaft? Das fragen sich nicht nur Französinnen und Franzosen. Auch im Ausland macht es einen Unterschied, ob die Kandidatin der rechtsnationalen Partei "Rassemblement National" oder der bekennende amtierende Präsident der "La République en Marche" die Stichwahl gewinnt. SWR-Moderator Matthias Schlott hat über die Bedeutung mit Politikwissenschaftler Michael Wehner von der Freiburger Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg gesprochen.
SWR: Herr Wehner, was steht bei dieser Wahl für uns in Südbaden auf dem Spiel?
Michael Wehner: Gewachsene, grenzüberschreitende Strukturen, langjährige persönliche Beziehungen und natürlich die Kooperation in den grenzüberschreitenden Gremien werden aufs Spiel gesetzt. Gerade im Umwelt-, im Jugend- und im Bildungsbereich sind solche Gremien wie der Oberrheinrat oder die trinationale Metropolregion von großer entscheidender Bedeutung, um über nationale Grenzen hinweg europäische Zusammenarbeit zu pflegen und voranzubringen.
Das Interview in voller Länge gibt es hier zum Nachhören:
Welche Chance hätten elsässische Regionalpolitiker überhaupt, weiter grenzüberschreitende Politik zu machen, sollte die europafeindliche Marine Le Pen Präsidentin werden?
Da sollte man natürlich erst mal noch auf die nationale Ebene schielen, denn im Mai stehen Parlamentswahlen an. Insofern kann eine Präsidentin Le Pen auch nicht gegen ein Parlament regieren. Elsässische Politiker haben natürlich die Möglichkeit, über die regionalen Gremien in Form von Regionen und Départements weiterhin Einfluss auszuüben. In Frankreich gibt es ja nicht diesen ausgeprägten Föderalismus wie in Deutschland.
Ein Blick aufs Elsass: Wie schwierig macht es die politische Gemengelage dort dem amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron?
Man sagt in der Geschichte der französischen Präsidentschaftswahlen eigentlich immer, dass die Franzosen im ersten Wahlgang ihren Gefühlen und auch den Protesthaltungen Ausdruck verleihen, aber im zweiten Wahlgang dann doch eher auch mit Vernunft und Verstand wählen. Frankreich hat eine lange Tradition, was zentristische Positionen der Mitte angeht. Und die verkörpert auch Emmanuel Macron sehr stark, eine Politik von Maß und Mitte, und auch diese europäische Realpolitik der Gemeinsamkeit, das Versprechen, Dinge solidarisch in Europa zu lösen. Das ist, glaube ich, auch für viele Französinnen und Franzosen ein Motiv, Herrn Macron den Vorzug zu geben.
Tipps sind so eine Sache - aber was sagen Sie als Politikwissenschaftler für Sonntag voraus?
Na ja, am liebsten gar nichts. Nichtsdestotrotz kann ich mir nicht vorstellen, dass die Französinnen und Franzosen Le Pen den Vorzug geben und glaube nach wie vor daran, dass Macron vielleicht mit mit 57 oder 60 Prozent dann doch das Rennen machen wird.