Der Eichbergturm in Emmendingen ist der höchste frei zugängliche Aussichtsturm Deutschlands. Seit Juli 2023 ist der Turm gesperrt, nun sind seine letzten Tage wohl gezählt. Bereits im Juni oder spätestens Juli soll der Eichbergturm abgebaut werden. Als Begründung nennt die Stadtverwaltung den schlechten Zustand des Bauwerks. Die Stützen aus Douglasienholz, die den Turm tragen, würden Fäulnis und Beschädigungen aufweisen. Es herrsche Einsturzgefahr. Baustatiker Peter Lenz, auf dessen Initiative hin der Turm gebaut wurde, sieht in diesem Vorhaben ein falsches Spiel. Er hält den Turm für intakt und will, dass er der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wird.
Der Eichbergturm als Paradebeispiel für ehrenamtliches Engagement
Der Eichbergturm überragt mit seinen 53,20 Metern Höhe die Baumkronen des Emmendinger Waldes deutlich. Die Aussichtskanzel erlaubt einen Rundumblick über den Landkreis Emmendingen sowie über den Schwarzwald bis hin zum Schweizer Jura und der Vogesenkette in Frankreich. Die Plattform befindet sich mehr als 400 Meter über dem Meeresspiegel, 240 Stufen führen vom Eingang des Turms bis nach oben.
Der Verein Eichbergturm e.V. unterstützte Peter Lenz in seinem Vorhaben, einen, wie er sagt, "Turm mit Seele zu bauen". Zahlreiche fleißige Hände halfen damals mit: Die sogenannte Turmbaumannschaft ist heute noch auf einer Infotafel neben dem Eingang verewigt. Der Verein umfasste zu Bestzeiten 700 Mitglieder, zahlreiche Sponsoren unterstützten die Finanzierung des Turmbaus. "Die Begeisterung ist damals langsam gewachsen", erinnert sich Lenz. Den Rückhalt aus der Bevölkerung spüre er 20 Jahre später aber immer noch. Tausende Arbeitsstunden hätten die 30 ehrenamtlichen Helfer damals geleistet. Zur Entscheidung der Stadtverwaltung, den Eichbergturm abzubauen, sagt ein Mitglied dieser Gemeinschaft: "Es tut sehr weh, dass alles umsonst war."

Gut 20 Jahre nach der Einweihungsfeier im September 2005 geht die Zeit des imposanten Bauwerks nun zu Ende. "Die Arbeiten müssen ausgeschrieben und anschließend vergeben werden", sagt Emmendingens Oberbürgermeister Stefan Schlatterer. Er rechne mit dem Rückbau des Turms im Juni oder Juli diesen Jahres. Dabei wurde im April 2024 eigentlich die Sanierung des Eichbergturms durch den Emmendinger Stadtrat beschlossen. Seitdem habe sich die Lage aber geändert, so Schlatterer.
Unterschiedliche Meinungen zum Zustand des Turms
Bei Routineüberprüfungen im Jahr 2023 habe man festgestellt, dass verschiedene Holzstämme, die den Turm tragen, kaputt seien. Der Gemeinderat beschloss daraufhin eine Teilsanierung, mit dem Ziel, den Turm wieder begehbar zu machen. Ein Statiker, der das Sanierungsvorhaben begleitete, erteilte dem Bauwerk jedoch keine Standsicherheitsprüfung, "weil die Verbindung zwischen den oberen und den unteren Holzstämmen einer statischen Berechnung nicht standhalten", erinnert sich der Oberbürgermeister. Das Resultat: Die durch den Gemeinderat beschlossene Sanierung wurde verworfen und stattdessen der Abbau des Turms angekündigt.
Der Turm ist ein Wahrzeichen für die Stadt
Der Bauvater des Eichbergturms, Peter Lenz aus Emmendingen, sieht das anders. "Das Bauwerk wurde nach geltenden Regeln konstruiert, der Turm ist eine optimale Konstruktion", sagt der 89-Jährige, der hinter der Schließung des Turms eine gezielte Kampagne eines von der Stadt Emmendingen beauftragten "Profiteurs" vermutet. Gemeint ist der Gutachter, der dem Turm keine Standsicherheit bescheinigt. Nach Ansicht von Peter Lenz sei der Sanierungsbeschluss ohnehin überflüssig gewesen. "Sanieren heißt gesund machen, der Turm ist aber nicht krank", sagt Lenz, der meint: "Der Turm steht noch so da wie am Tag vor der Schließung - alles andere ist verlogen."

Emmendingens Oberbürgermeister begegnet dieser Aussage mit Verweis auf geänderte Vorschriften. Was damals beim Bau des Eichbergturms als tragfähig angesehen wurde, werde heute anders bewertet, so der 57-Jährige. "Das Ergebnis ist für uns fatal. Wir haben natürlich eine zweite Prüfung laufen lassen - von vereidigten Prüfern. Die hat aber zum gleichen Ergebnis geführt." Nach Ansicht der Gutachter sei die Zusammensetzung der einzelnen Holzstämme, problematisch. "Diese Konstruktion ist für Türme, die im Wald stehen, keine dauerhafte", sagt Schlatterer.
Lenz wünscht sich die Wiedereröffnung des Turms
Für Peter Lenz ist das "totaler Unsinn". Er sagt, die durch Tiefdruck imprägnierten Stämme seien nicht marode und würden durch ihren senkrechten Stand nur wenig Angriffsfläche für Wind und Wetter bieten. "Andere Türme mit horizontalen Baugliedern aus Douglasienholz verrotten hingegen mit der Zeit. Der Hünersedelturm in Freiamt ist so ein Beispiel. Dort hätte man die horizontalen Streben verblechen müssen", weiß der mit 89 Jahren immer noch aktive Statiker.
Das ist wie ein Armdrücken und das will ich unbedingt gewinnen
Er glaubt nicht, dass der Turm bald weg ist. Sein Wunsch wäre, "dass wir den Turm einfach wieder aufmachen." Um das zu erreichen, bespricht sich Peter Lenz mit anderen Statikern und lässt sich inzwischen auch von einem Rechtsanwalt beraten. Er will als Ideengeber und Erbauer des Turms sein Urheberrecht einklagen. "Ich will das Recht und die Rechtmäßigkeit erzwingen", sagt er.
Stefan Schlatterer wird die Erwartungshaltung, den Eichbergturm wieder zu öffnen, nicht erfüllen. "Mir tut dieser Vorgang unglaublich leid, weil ich Peter Lenz seit vielen Jahren kenne und seine persönliche Leistung sehr wertschätze." Für den Oberbürgermeister ist es aber eine Tatsache, "dass das Ergebnis so ist wie es ist. Es ist keine Erfindung der Stadtverwaltung, dass keine Tragfähigkeit mehr besteht. Es ist die Einschätzung von Berufskollegen von Peter Lenz." Daran ändert für das CDU-Mitglied auch nicht die eigene persönliche Verbindung zum Eichbergturm. "Ich bin selbst so oft auf dem Turm gewesen, meine Joggingstrecke führt daran vorbei. Ich behaupte mal, dass es jeder Emmendingerin und jedem Emmendinger in der Seele wehtut."
Ein Kompromiss liegt wohl in weiter Ferne
Einen Kompromiss könnte ein möglicher Neubau darstellen, denkt Schlatterer. "Das ist eine Entscheidung des Gemeinderates, aber ich setze mich sehr dafür ein", sagt er. Der jetzige Eichbergturm sei eine unglaubliche Leistung von Peter Lenz und seinen Mitstreitern gewesen, so Schlatterer. Er schlägt vor, bei einem Neubau die Konstruktion, die Lenz erdacht hatte, beizubehalten und nur die Holzstämme durch Stahl zu ersetzen. "Ich hoffe, dass der Peter irgendwann darauf eingehen wird."
Der 89-Jährige lehnt eine Stahlkonstruktion aber ab. Er würde nach eigener Aussage im Rückblick "jedes einzelne Detail nochmal so machen. Ich bin zufrieden damit und glücklich darüber, dass es mir so gelungen ist." Das Vorgehen der Stadtverwaltung bezeichnet er als "eine Schande für Emmendingen".
Fakt ist: Der im April 2024 getroffene Gemeinderatsbeschluss zur Sanierung des Eichbergturms ist auch ein Jahr später noch immer gültig. Unter dem jetzigen Kenntnisstand sei dieser aber nicht mehr umsetzbar, sagt Schlatterer. Der gültige Beschluss werde deshalb durch einen neuen ersetzt, der Turm werde abgebaut. Damit scheint das Ende des höchsten Aussichtsturms in Deutschland dann endgültig besiegelt zu sein.