Nach dem Medizinstudium in Deutschland wandern viele Ärztinnen und Ärzte - gerade aus Baden-Württemberg - in die Schweiz aus. Das kostet den deutschen Staat Millionen, ist aber auch für die Schweiz ein Risiko. Der Schweizer Medizinerverband FMH warnt vor einer Abhängigkeit vom ausländischen Personal. Denn inzwischen haben 41 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die in der Schweiz arbeiten, ihr Studium im Ausland absolviert. Das sind die neuesten Zahlen der Schweizer Ärzte Vereinigung FMH. Und das ist ein neuer Rekord.
Die Schweiz liegt mit diesem Ausländeranteil weit über dem OECD-Durchschnitt von 19 Prozent. Fast die Hälfte des ausländischen Arztpersonals stammt aus Deutschland. Der Schweizer Medizinerverband FMH fürchtet aber, dass sich das Blatt wenden könnte. Er kritisiert, dass die Schweiz selbst zu wenige Medizinerinnen und Mediziner ausbildet. Die Abhängigkeit vom Ausland sei riskant. Sobald andere Länder attraktiver würden, drohe der Schweiz ein massiver Mangel.
Über 30 europäische Länder leiden unter einem Ärztemangel und ergreifen jetzt Maßnahmen, um deren Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und das zeigt sich dann eben darin, dass sie nicht mehr in die Schweiz kommen.
Knapp 400 Bewerbungen für 75 Plätze Bewerberboom bei "The Ländarzt": Medizin studieren dank Landarztquote
Mit dem Programm "The Ländarzt" sollen mehr Ärztinnen und Ärzte für ländlichen Raum gewonnen werden. Die Studienplätze sind begehrt. Eine Freiburger Studentin erzählt, warum.
Gegen den Ärztemangel: So will BW Mediziner halten
Baden-Württemberg hat zum Beispiel die Landarztquote eingeführt und fördert die Weiterbildung. Und es wurden mehr Studienplätze bereitgestellt. Auch die Bezahlung ist besser geworden. In Kombination mit weniger Bürokratie könnten die Arbeitsbedingungen in Deutschland künftig attraktiver werden als in der Schweiz.
Da sind natürlich Dinge, die im Sozialwesen eine Rolle spielen, oft ein Punkt. Wo Ausländer erstaunt sind: "Wie? So kurzer Mutterschutz? So wenig Ferien? So schlechter Kündigungsschutz seitens des Arbeitgebers?"
Vorerst verliert BW weiter Ärzte an die Schweiz
Seit 2004 steigt die Quote der ausländischen Ärzte in der Schweiz an. 18.000 sind es mittlerweile - mehr als das Dreifache. Die Zahl an Ärztinnen und Ärzten mit Schweizer Abschluss hat hingegen nur wenig zugenommen. Dort werden offensichtlich zu wenige ausgebildet.

So sind auch im vergangenen Jahr insgesamt 420 Ärztinnen und Ärzte aus Baden-Württemberg ausgewandert, 210 von ihnen in die Schweiz, teilt die Landesärztekammer auf SWR-Anfrage mit. Zehn Jahre früher waren es allerdings noch deutlich mehr. 2014 sind laut Landesärztekammer insgesamt 624 Ärztinnen und Ärzte aus BW ausgewandert, 323 von ihnen in die Schweiz.
Tatsache ist, dass der Bedarf an Ärzten und Ärztinnen überall zugenommen hat - auch bei uns. Und wenn die Ausbildungszahlen in der Schweiz stagnieren, ist ja klar, dass die sich mehr und mehr auf dem internationalen Markt bedienen.
Ärzte-Import: Auch Deutschland bedient sich auf internationalem Markt
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nach Deutschland viele Ärztinnen und Ärzte einwandern, die wiederum im Ausland ausgebildet wurden. Ohne diese ausländischen Medizinerinnen und Mediziner geht es auch in Baden-Württemberg nicht, gerade in ländlichen Regionen. Ohne sie würde unser Gesundheitssystem zusammenbrechen, warnte der Ärztliche Kreisverein Waldshut-Bad Säckingen im vergangenen Jahr.
Auch Deutschland kann seinen Personalbedarf in der Medizin nicht decken und holt immer mehr Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland - laut Bundesärztekammer häufig aus Syrien oder Rumänien. Auch dort fehlen diese Ärztinnen und Ärzte dann wiederum.
Über dieses Thema berichtete die Sendung "Dreiland Aktuell" am 29.03.2025, 18 Uhr, in SWR Aktuell Baden-Württemberg.