Steinmeier steigt aus schwarzem Auto aus (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)

Amtssitz für drei Tage nach Rottweil verlegt

Bundespräsident Steinmeier sucht Austausch mit der Bevölkerung

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Samantha Happ
Samantha Happ (Foto: SWR DASDING)
Jasmin Bergmann

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist zu Gast in Baden-Württemberg. Dabei möchte er auch darüber sprechen, in welchen Punkten die Menschen skeptisch gegenüber der Demokratie seien.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat für kurze Zeit seine Amtsgeschäfte nach Rottweil verlegt, die älteste Stadt Baden-Württembergs. Anlass dafür ist die "Ortszeit Deutschland", eine Erkundungstour des Bundespräsidenten durch ganz Deutschland. Nach Altenburg in Thüringen und Quedlinburg in Sachsen-Anhalt ist er nun in Westdeutschland zu Besuch.

"Rottweil ist eine Stadt zwischen Geschichte und Moderne. Uns hat interessiert, wie man insbesondere hier mit neuen Herausforderungen umgeht."

Das oberste Ziel von Frank-Walter Steinmeiers Reise zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Bundespräsident sei der Austausch mit der Bevölkerung, heißt es in einer Mitteilung. Aus seinem Amtsverständnis als Staatsoberhaupt heraus wolle Steinmeier erfahren, was den Menschen Mut und Hoffnung mache und in welchen Punkten sie skeptisch gegenüber der Demokratie und ihren Institutionen seien, so das Bundespräsidialamt. Zu Beginn des Jahres waren in Rottweil - wie auch in vielen anderen Regionen Deutschlands - regelmäßig mehr als tausend Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Corona-Politik der Bundesregierung zu protestieren.

Spürhunde untersuchen Kameraausrüstung vor Steinmeiers Besuch (Foto: SWR)
Wenn der Bundespräsident kommt, hat natürlich auch in Rottweil die Sicherheit höchste Priorität. Spürhunde untersuchen die Ausrüstung von Radio- und Fernsehteams. Bild in Detailansicht öffnen
Bundespräsident Steinmeier in Rottweil, Menschen freuen sich. (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Die Stimmung in Rottweil ist aber entspannt. Die Menschen freuen sich, dass Bundespräsident Steinmeier in ihre Stadt kommt. Bild in Detailansicht öffnen
Steinmeier steigt aus schwarzem Auto aus (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Der Oberbürgermeister von Rottweil, Ralf Broß (r., parteilos), begrüßt Frank-Walter Steinmeier bei dessen Ankunft. Bild in Detailansicht öffnen
Bundespräsident Steinmeier in Rottweil (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Das ist in Rottweil Tradition: Gastgeber und Gäste durchschreiten das historische "Schwarze Tor" auf dem Weg in die Altstadt. Bild in Detailansicht öffnen
Viele Menschen auf der Straße und an den Fenstern warten auf Steinmeier (Foto: SWR)
Aus der Straße und in den Fenstern verfolgen die Menschen in Rottweil Steinmeiers Ankunft. Bild in Detailansicht öffnen
Steinmeier spricht zu Kindern in Rottweil (Foto: SWR)
Für drei Tage verlegt der Bundespräsident seine Amtsgeschäfte nach Rottweil. Dabei will er vor allem ins Gespräch mit der Bevölkerung kommen - auch mit Kindern. Bild in Detailansicht öffnen
Viele Medienvertreter stehen um Bundespräsident Steinmeier und fotographieren (Foto: SWR)
Viele Medienvertreter filmen und fotografieren die Ankunft des Bundespräsidenten am Rottweiler Rathaus. Bild in Detailansicht öffnen
Bundespräsident Steinmeier in Rottweil (Foto: SWR)
Gut gelaunt stellt sich Steinmeier in Rottweil auch für Selfies zur Verfügung. Bild in Detailansicht öffnen
Bundespräsident Steinmeier in Rottweil (Foto: SWR)
Erster offizieller Akt: der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bild in Detailansicht öffnen

Bundespräsident sucht den Kontakt zur Bevölkerung

Kurz nach seiner Ankunft in Rottweil suchte er deshalb vereinzelt den Kontakt zu den Menschen, die am Straßenrand standen. Einige klatschten, als Steinmeier die Straße entlang lief - andere schauten einfach nur. "Ich freue mich, dass er kommt, aber der kleine Bürger hat nichts davon", sagte eine Passantin.

Auch Benjamin Sigrist beobachtete mit seinem kleinen Sohn Anton das Treiben um den Mann im Anzug. "Das ist natürlich was ganz Besonderes, was man so nicht jeden Tag hat", sagte er. Wäre Steinmeier aber ohne den Presserummel hier aufgetaucht, dann wäre er gar nicht so aufgefallen, fand Sigrist. "Steinmeier ist sehr dezent - das finde ich gut." Gut fand den Besuch auch Johanna Knaus: "Ich bin begeistert!" Sie hofft aber auch, dass Steinmeier nicht nur die schönen Seiten sieht, sondern auch, "was nicht so funktioniert, wie beispielsweise alternative Bauprojekte".

Steinmeier besucht Jüdische Synagoge

Frank-Walter Steinmeier ist für drei Tage in Rottweil - und besucht unter anderem die Jüdische Synagoge (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Der Bundespräsident bedankte sich bei den Verantwortlichen der Synagoge, dass sie so vielen aus der Ukraine Geflüchteten geholfen haben.

Neben spontanen Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt besuchte Frank-Walter Steinmeier am Dienstag unter anderem eine Jüdische Synagoge in Rottweil. Relativ schnell lenkte er das Gespräch auf die Menschen aus der Ukraine, die wegen des Krieges nach Rottweil geflüchtet sind. 320 Geflüchtete hat Rottweil bisher aufgenommen, die Synagoge unterstützte viele davon - beispielsweise bei der Suche nach einer Unterkunft. Auch die elfköpfige Familie Lamdan ist aus Kiew geflohen und seit März in Rottweil untergekommen. Im Gespräch mit Steinmeier erzählte die Familie von ihrer Flucht über Prag in einem kleinen Bus. "Es war sehr unerwartet, dass so ein Politiker in diese kleine Stadt kommt - ich fühle mich geehrt", sagt Vater Boris Lamdan.

Frank-Walter Steinmeier ist für drei Tage in Rottweil - und besucht unter anderem die Jüdische Synagoge (Foto: SWR, Jasmin Bergmann)
Familie Lamdan erzählte Steinmeier von ihrer Flucht aus Kiew. Vater Boris steht links neben Steinmeier.

Bundespräsident kämpft gegen Spaltung der Gesellschaft

Die "Ortszeit Deutschland" ist laut Bundespräsidialamt eine Antwort Steinmeiers auf den Entfremdungsprozess in der Gesellschaft und eine Reaktion auf die Zweifel an Politik und Demokratie. Aus diesem Grund stünden vor allem Regionen auf der Reiseroute, in denen wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Umbrüche besonders schmerzhaft und spürbar seien. In den vergangenen zwei Jahren sei Vertrauen in die politischen Institutionen verloren gegangen, die "Ortszeit Deutschland" könne beispielgebend sein für andere, das Gespräch mit den Menschen zu suchen, sagte Steinmeier im SWR-Interview.

"Vertrauen braucht Nähe, Nähe braucht Begegnung und Begegnung braucht Zeit."

Einige Menschen im Land fühlten sich nicht gehört, sagte Steinmeier. Er teile die Meinung nicht und wolle das mit den Besuchen vor Ort auch zeigen: Doch "wir müssen wieder ein gemeinsames Verständnis dafür entwickeln, dass Demokratie auch Mehrheitsentscheidung und Kompromiss bedeutet. Und nur weil der eigene Wunsch mal nicht zufriedengestellt wird, ist das kein Argument gegen Demokratie."

Den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger möchte Frank-Walter Steinmeier bei "Kaffeetafel kontrovers" Gehör schenken. Es seien Themen wie der Ukraine-Krieg, die steigenden Lebenshaltungskosten und die Mobilität im ländlichen Raum, die die Menschen beschäftigten. Zudem sei das Zusammenleben nach der Corona-Pandemie ein Thema, das an der Kaffeetafel mit dem Bundespräsidenten diskutiert werde, so das Bundespräsidialamt.

Frank-Walter Steinmeier lachend im Austausch mit einem Jugendlichen (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Boris Roessler)
Immer wieder sucht Frank-Walter Steinmeier in Rottweil den Kontakt mit den Menschen.

Rottweiler Wahrzeichen dürfen nicht fehlen

Bei dem dreitägigen Aufenthalt des Bundespräsidenten in Rottweil dürfen selbstverständlich die Wahrzeichen der Neckarstadt nicht fehlen. Hoch hinaus ging es für Steinmeier bereits am Dienstagnachmittag: auf den TK Elevator Testturm mit Deutschlands höchster Besucherplattform in 232 Meter Höhe.

Bundespräsident Steinmeier steht neben Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß. Sie blicken vom Elevator Testturm hinunter auf Rottweil. Der Himmel ist wolkenverhangen, es regnet. Von oben sind die roten Dächer von Rottweil zu sehen, außen rum grüne Felder und Bäume (Foto: SWR)
Besuch auf dem Elevator Testturm: Bundespräsident Steinmeier und Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß mit Blick auf Rottweil und seine Umgebung.

Einblicke in zeitgenössische Kunst gewährt ihm das Forum Kunst Rottweil und mit einem Besuch in einer Holzmanufaktur möchte die historische Narrenzunft Rottweil dem aus Nordrhein-Westfalen stammenden Bundespräsidenten Einblicke in die traditionelle schwäbisch-alemannische Fasnet geben.

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