Seit dem Jahr 1800, also seit 225 Jahren, betreibt Familie Mutz eine Bäckerei in Herbolzheim (Kreis Emmendingen). In der sechsten Generation ist jetzt Schluss. Bäcker Martin Mutz hört auf. Trotzdem müssen die Herbolzheimer künftig nicht auf frische Brötchen verzichten.
Um 5:30 Uhr steht Martin Mutz schon seit eineinhalb Stunden in seiner Backstube. Er schiebt ein Blech nach dem anderen in den großen Backofen. "Um die Zeit ist Highlife bei uns. In einer halben Stunde geht der Laden auf, da sollte jetzt das eigentlich alles schon vorne sein", sagt der 61-Jährige im Vorbeigehen. Keine Zeit, um stehen zu bleiben. "So, jetzt muss ich da mal noch gucken, dass da nichts passiert." Ein kurzer Blick in den Backofen. Dann öffnet er die Ofentür und holt die fertigen Brötchen heraus.
Seit er 20 Jahre alt ist, also seit mehr als 40 Jahren, backt Mutz hier Brötchen und Co. für die Region rund um seine Heimat. Doch schon als Kind war er in dem Laden. Damals, als sein Vater Herbert Mutz noch der Bäcker war. Uropa, Opa, Vater - alle waren Bäcker. Da sei klar gewesen, dass auch er selbst mal einer wird, erzählt Martin Mutz.
Ein letztes Mal Mutz
Am Samstag öffnet Martin Mutz seine Bäckerei im Zentrum von Herbolzheim zum letzten Mal. Danach - so der aktuelle Plan - wird der kleine Laden für etwa zwei Wochen geschlossen. Um alles zusammenzupacken und den Verkaufsraum zu renovieren. Letzteres macht dann aber nicht mehr Mutz, sondern sein Nachfolger.

Eine Familien-Ära endet
So richtig daran denken will Martin Mutz noch nicht - dass die lange Familien-Ära demnächst endet. Auch dafür hat er vor lauter Backen bisher keine so richtige Zeit. Vielleicht komme das noch, wenn der Laden in seinem Elternhaus mal umgebaut ist und das dann "nicht mehr meins ist", sagt er. "Aber im Moment, ich muss ehrlich sagen, es ist jetzt so viel, dass ich auch froh bin, wenn es vorbei ist." Und trotzdem: Er hätte es schön gefunden, wenn es weitergegangen wäre mit der Familien-Tradition.
Ich habe mir das nicht ausgesucht, dass ich der Letzte in der Dynastie bin.
Den Schlussstrich zieht Martin Mutz unter anderem weil er kaum noch Mitarbeitende gefunden hat. Sein Elternhaus, in dem unten die Bäckerei ist, hat er komplett verkauft. Stattdessen haben seine Frau und er sich anderswo ein Haus gekauft mit Garten - auf den freue er sich schon. Überhaupt: Er glaubt nicht, dass ihm langweilig wird. Im Gegenteil. Mutz freue sich auf die Zeit danach. Auf das länger schlafen. Und auf das Aquarium, dass er sich dann zulegen möchte. Es gebe viele Sachen, die bisher neben dem Bäcker-Dasein zu kurz gekommen seien, sagt er.
Auf Mutz folgt Burger, aber Martin bleibt
Die gute Nachricht: Es gibt einen Nachfolger. Die Brötchen-Versorgung in der Kleinstadt ist somit gesichert. Dafür hat Martin Mutz gesorgt. Er hat nach einem Nachfolger gesucht und fragte Martin Burger. Der hat schon Bäckerfilialen in Südbaden und hat Ja gesagt. Was für ein Zufall, dass beide auch noch den selben Vornamen haben!

Martin Burger (neuer Besitzer) zeigt Martin Mutz (bisheriger Besitzer) die Umbaupläne für den Verkaufsraum zum ersten Mal. "Ja ... ist anders, moderner", sagt Mutz, während er sich die Bilder anschaut. In die Schaufenster kommen zum Beispiel Sitzgelegenheiten, es gibt einen Kaffeeautomaten zum Selbstbedienen und die Eingangstür wandert von rechts nach links. Angepeilt ist der 1. April. Ab dann soll die Bäckerei in neuem Look und unter dem neuen Chef wieder öffnen. Gebacken wird dann aber nicht mehr in Herbolzheim. Martin Burger backt zentral in Bleibach, einem Ortsteil von Gutach im Breisgau. Die Backwaren liefert er von dort in die Filialen.
Martin Mutz ist froh, dass er überhaupt einen Nachfolger gefunden hat. Trotzdem glaubt er, dass er gerade in der Anfangszeit erstmal einen großen Bogen um seine einstige Familien-Bäckerei machen wird.