Theo Schenkel: mit weiblichem Geschlecht geboren, jetzt Transmann (Foto: SWR, Theo Schenkel)

Queerer Referendar erhält Lehrerlaubnis

Erzbistum Freiburg: Transmann darf katholische Religion unterrichten

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Inès Plume
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Robert Wolf

Nach der Coming-Out-Aktion von queeren Mitarbeitenden der katholischen Kirche: Transmann Theo Schenkel aus Waldshut darf als Referendar katholische Religion unterrichten.

Dass die Erzdiözese nun doch diesen Schritt gewagt hat, kann Theo Schenkel kaum fassen. "Das ist auf jeden Fall eine große Erleichterung, weil jetzt einfach Sicherheit besteht, wie mein weiterer Weg aussehen kann", sagt Schenkel nach der Entscheidung. Er ist Referendar für katholische Religion an einer Schule in Waldshut. Vor kurzem hat er sich in einer ARD-Dokumentation als einer von mehr als 100 queeren Menschen in der katholischen Kirche geoutet.

Schon immer männlich gefühlt

Theo Schenkel ist Transmann. Bei seiner Geburt wurde ihm das weibliche Geschlecht zugewiesen, er hat sich aber schon immer als Junge, später als Mann gefühlt und möchte in Zukunft seine Partnerin heiraten. Für die katholische Kirche eigentlich ein No-Go, um als Religionslehrer arbeiten zu dürfen. Denn für die Kirche bleibt Theo immer eine Frau und die Heirat mit seiner Freundin wäre eine gleichgeschlechtliche Ehe und somit nicht mit dem Kirchenrecht vereinbar, wenn Theo Religionslehrer werden will.

Einzelfallentscheidung, kein Paradigmenwechsel

Für die Erzdiözese war es eine heikle Entscheidung und vor allem eine Einzelfallentscheidung, wie Generalvikar Christoph Neubrand betont. "Also der wichtige Punkt für uns war, dass einfach durch und durch spürbar ist, dass Theo Schenkel mit Leib und Seele Religionslehrkraft werden will. Er brennt für dieses Thema". Dass Theo Schenkel im Religionsunterricht Wissen vermitteln will, sei der ausschlaggebende Punkt für die Kirche bei ihrer Entscheidung gewesen. Ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel sei dies aber nicht.

Ein erster Schritt

Auch Theo Schenkel ist vorsichtig optimistisch. Zwar sei dies ein Zeichen, dass Menschen wie er die Kirche verändern könnten und dass auch die Kirche Mut beweisen könne. Alle seine Hoffnungen hätten sich aber nicht erfüllt. Vielmehr bleibe die Hoffnung, dass die katholische Kirche queere gläubige Menschen wie ihn tatsächlich irgendwann voll anerkennen werde.

"Es war ein erster Schritt und der Weg ist sicher noch weit"

Das zeigt auch der Blick auf Details der Entscheidung. Theo Schenkel erhält eine unbefristete Lehrerlaubnis. Diese ist noch nicht zwangsläufig als "Missio canonica" -also als besondere bischöfliche Beauftragung im Sinne eines "Lehrauftrags als katholischer Religionslehrer" - zu verstehen. Das führt zur Frage: Kann Theo Schenkel jetzt also nur an staatlichen Schulen katholische Religion unterrichten? Dazu stellt Marc Mudrak, der Pressesprecher der Erzdiözese Freiburg klar: "Die unbefristete Unterrichtserlaubnis gilt auch für Religionsunterricht an katholischen Schulen. Allgemein gilt: Jede Annahme einer Bewerbung an einer katholischen Schule wird im Einzelfall entschieden. Ein pauschales 'Nein' zu Herrn Schenkel könnten wir im Moment nicht erkennen."

Viele Diskussionen über das Thema gibt es auch unter unserem Facebook-Beitrag:

Theo Schenkel wurde bei seiner Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen - und lebt jetzt als Mann. Die Erzdiözese...Posted by SWR Aktuell on Wednesday, April 6, 2022

Treffen von Kirchenvertretern mit queeren Mitarbeitenden

Teilnehmende der bundesweiten Aktion "Out in church" und Mitglieder der Online-Initiative "Katholisch ohne Angst" haben sich am Donnerstag, 7. April 2022, mit Erzbischof Stephan Burger und Generalvikar Christoph Neubrand getroffen. Das teilte die Erzdiözese Freiburg mit. Es ging um die Erfahrungen, die queere Mitarbeitende in der Kirche machen und um ihre Gründe, warum sie sich in der Angelegenheit engagieren.

"Es reicht nicht, Paragrafen zu streichen, es muss Loyalität grundlegend neu definiert werden."

Burger sagte, dass sich eine Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz für das kirchliche Arbeitsrecht mit der Fragestellung beschäftige. Zum Abschluss des Treffens haben die Mitglieder von "Katholisch ohne Angst" der Bistumsleitung eine Liste mit digitalen Unterschriften übergeben, um die Initiative "Out in church" zu unterstützen. Diese Liste war laut Erzdiözese Freiburg 18 Meter lang.

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