Eine Schulstunde der etwas anderen Art hat sich eine Schulklasse in Freiburg gewünscht: Im Gemeinschaftskundeunterricht wollten Berufsschüler des Walter-Eucken-Gymnasiums erfahren, wie es ist, in einem Land zu leben, in dem die Pressefreiheit stark eingeschränkt ist. Der russische Oppositionelle Alexey Gresko hat die Klasse besucht. Er ist ehemaliger Mitarbeiter des wohl prominentesten Kremlkritikers Alexei Nawalny.
Zusammen mit SWR-Reporter Robert Wolf hat Gresko im Rahmen der bundesweiten Schulmedientage eine Doppelstunde zum Thema Pressefreiheit gehalten. Dass der ehemalige Mitarbeiter des Oppositionellen Alexei Nawalny aus seinem Heimatland geflohen ist und jetzt in Freiburg im Exil lebt, war Gresko nicht sofort anzumerken. Viele seiner Freunde und ehemaligen Kollegen sitzen mittlerweile im Gefängnis. Er konnte kurz vor der drohenden Verhaftung flüchten.
"Mein Anwalt hat mir dann gesagt: Du musst jetzt lieber abhauen. Die haben schon ein Strafverfahren gegen dich eingeleitet."

Pressefreiheit nicht selbstverständlich
Offen und frei über Pressefreiheit reden zu können, ohne dabei Angst vor Repression haben zu müssen, ist für Gresko nicht selbstverständlich. In Russland ist die Pressefreiheit in den letzten Jahren stark eingeschränkt worden, erzählte er. Er berichtete der Klasse der Kaufmännischen Berufsschule am Freiburger Walter-Eucken-Gymnasium, wie sich diese Entwicklung in seinen Augen Schritt für Schritt vollzogen hat.
Eine russische Besonderheit: Anders als zum Beispiel in Nordkorea gibt es laut Gresko nicht nur ein Medium mit einer einzigen Meinung. In Russland würden vielmehr Hunderte Versionen der Gegenwart generiert. "Und der Slogan ist: Aber wir wissen doch nie die Wahrheit," so Gresko. Wer sich auf die Suche nach der Wahrheit mache, bringe sich in Gefahr - so wie er durch seine Arbeit und Recherchen für Nawalny.
Gemeinschaftskunde mal anders
Die Gemeinschaftskunde-Lehrerin Daniela Meebold hatte sich mit ihrer Berufsschulklasse bewusst für diese etwas andere Schulstunde entschieden. Ihr Unterricht beginnt eigentlich immer damit, dass aktuelle Nachrichtenmeldungen besprochen und diskutiert werden. Mal den Blick nicht nur auf Aktualität, sondern auch Presse und Pressefreiheit als Ganzes zu richten, war für Daniela Meebold ein spannender Ansatz. Das Alexey Gresko das Thema auch aus der Sicht eines Landes erzählen kann, indem die Pressefreiheit eingeschränkt ist, war zusätzlich sehr interessant für die Klasse.
Und die Berufsschüler hatten viele Fragen. Nicht nur zur Lage in Russland, auch generell über die Medienlandschaft. Wie Fake-News zum Beispiel besser erkannt werden können. Oder wie es generell um die Pressefreiheit hierzulande steht und warum Deutschland im Pressefreiheitsindex nach unten gerutscht ist. Aber auch, wie öffentlich-rechtliche Sender wie der SWR verlorenes Vertrauen wiederherstellen können.

90 Minuten sind schnell vorbei
In den 90 Minuten konnten längst nicht alle Fragen zum riesigen Thema Pressefreiheit gestellt und beantwortet werden. Doch Alexey Gresko machte es Mut, dass die Schülerinnen und Schüler so großes Interesse gezeigt haben, sagte er. Seine Geschichte zu erzählen, ist ihm wichtig, da er das Resultat fehlender Pressefreiheit selbst erleben musste. "Ich möchte auch dazu beitragen, dass die Leute, die in der Demokratie aufgewachsen sind, das auch schätzen", sagte Alexey Gresko zum Abschluss der Schulstunde.