Etwa sechs Hektar Wiesen und Äcker - acht bis neun Fußballfelder - werden in Baden-Württemberg tagtäglich zugebaut (Stand 2021): Mit Häusern, Straßen, Schienen, Fabrikhallen, Solaranlagen. Das zu bewirtschaftende Land wird also immer weniger - folglich immer teurer. Die Kaufpreise für Agraflächen im Land sind in den letzten zehn Jahren um rund ein Drittel gestiegen und lagen zuletzt (2020) bei durchschnittlich 29.577 Euro pro Hektar. Parallel dazu sind auch die Pachtpreise stark gestiegen. Die Folge: Viele Bauern können sich die Pachten kaum noch leisten, den Landerwerb schon gar nicht. Im Kampf um Flächen haben sie gegenüber zahlungskräftigen Investoren oft das Nachsehen.
Müllheimer Landwirt hat die Hälfte seiner Pachtflächen verloren
Berthold Gaß ist einer jener Landwirte, die unter den galoppierenden Bodenpreisen besonders leiden. Früher gehörten einmal 60 Hektar Pachtland zu seinem Hof in Müllheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) - heute ist es gerademal noch etwa die Hälfte. Immer wieder wurden ihm in den letzten Jahren Pachtverträge gekündigt. Dort, wo er früher Kartoffeln, Rüben und Mais angebaut hat, stehen jetzt ein Krankenhaus und ein Wohngebiet. "Bestes Ackerland" sei das gewesen, erzählt Gaß wehmütig. Der Verlust der Flächen schmerzt ihn immer noch. Sie bildeten einmal das Herzstück seines Betriebs, der heute mitten in der Stadt liegt.
"Irgendwo muss Wohnraum geschaffen werden - aber als Landwirt blutet einem das Herz."

Um eigenes Land zu kaufen, fehlte dem Landwirt das nötige Eigenkapital. "Erstens war gar nichts am Markt und zweitens wäre es für uns nicht bezahlbar gewesen." Nur größere Betriebe könnten sich heute noch Eigenerwerb leisten, "aber für einen Kleinbetrieb ist das eine Summe, die er einfach nicht aufbringen kann", sagt Gaß.
Bauunternehmer können ein Vielfaches für Ackerflächen bezahlen
Das bestätigt auch Martin Linser, der Freiburger Kreisvorsitzende des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV). Linser baut in Freiburg-Opfingen Spargel und Wein an und ist selbst Leid geprüft. Für den geplanten neuen Stadtteil Dietenbach musste er 4,5 Hektar Pachtfläche aufgeben. Zwar habe er dafür an anderer Stelle Ersatzflächen bekommen, aber in geringerem Umfang als zuvor.
Trotz des Vorkaufsrechts der Landwirte könne man mit zahlungskräftigen Investoren nicht konkurrieren, sagt Linser: "Die können das zwei- bis dreifache zahlen, und das kann sich ein Betrieb hier eigentlich nicht leisten." In jüngster Zeit würden vor allem großflächige Photovoltaik-Anlagen zum Problem für die Bauern. Hier seien die Unternehmer besonders zahlungskräftig.

Keine Zukunft mehr: Landwirt Gaß gibt seinen Betrieb auf
Berthold Gaß will nächstes Jahr in Ruhestand gehen. Dann wird er seinen Betrieb in Müllheim aufgeben. Keine seiner drei Töchter will den Hof übernehmen - was ihn wenig wundert angesichts der hohen Pachtpreise. Zuletzt hat er sich mit Weinbau noch gerade so über Wasser gehalten. Einige seiner Bauernkollegen werden sich vermutlich freuen, seine Flächen zu übernehmen - sofern sie es sich leisten können.