In diesen Tagen schauen wir immer wieder auf Afghanistan und sehen Bilder von Menschen, die nur eines wollen: raus aus ihrem Land. Für uns sind die Bilder erschütternd, für Geflüchtete, die in den vergangenen Jahren selbst aus Afghanistan oder anderen Kriegsgebieten nach Deutschland gekommen sind, gilt das nochmal mehr. In Kehl im Ortenaukreis finden mehrere Flüchtlingsfamilie grade ein bisschen ihren Frieden beim Gärtnern. SWR Reporterin Christine Veenstra hat sie dort besucht.
Amir Hussein Sultan macht einen großen Schritt über die Buschbohnen. Der zwölfjährige Junge aus Afghanistan sucht den Boden ab. Vor dem Kürbisbeet hat er bald etwas entdeckt: Eine dicke Nacktschnecke landet in seinem kleinen Plastiktopf. Schneckensammeln ist Amir Husseins Aufgabe im Garten der Familie Sultan. Ekelig sei das, sagt er. Trotzdem freue er sich hier zu sein.

Hinter einem Gebäudes des Deutschen Roten Kreuz hat Familie Sultan vor wenigen Monaten den Garten angelegt. Tamira Braunewell, die Integrationshelferin der Stadt, hatte das verwilderte Grundstück organisiert. Das Gelände sei nicht wieder zu erkennen, meint Braunewell. Kein Wunder: Gleich am ersten Tag waren die Gärtnerinnen und Gärtner mit Spaten und Hacken angerückt.

Abdul Nabi Sultan ist stolz auf das, was sie hier fabriziert haben. Zur afghanischen Familie Sultan gehören neben dem Vater Abdul Nabi noch Mutter Patuni Sultan und fünf Kinder. Ihre Gartennachbarn sind die Hasans mit den Kindern Mohamed, Adam und Sedra. Deren Muttersprache ist Arabisch, die Afghanen sprechen Persisch. Verständigen können sie sich nur auf Deutsch. Die Syrerin Nawal Mustafa tut sich damit noch recht schwer, die Namen der Gemüse-Sorten hat sie aber schon gelernt.

Gesprächsthemen der Garten-Gemeinschaft sind vor allem der viele Regen, die Schnecken und der Mehltau. Kleine Probleme eines Gärtners, angesichts derer die großen Sorgen zumindest für eine Weile in den Hintergrund träten, sagt der Afghane Abdul Nabi. Dann holt ihn aber doch die Angst um die Familie ein. Sein Vater und eine Schwester sind noch in der Heimat, fürchten um ihre Zukunft. Wie sein Neffe ums Leben kam - das bringt Abdul Nabi Sultan nicht über die Lippen.