Pflegerin Zoufinar Murad wurde von heute auf morgen aus Freiburg und Deutschland abgeschoben (Foto: Privat)

"Es kam sehr überraschend"

Freiburg: Pflegerin Zoufinar Murad über Nacht nach Armenien abgeschoben

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AUTOR/IN
Marleen Beisheim
Alexander Böttner
ONLINEFASSUNG
Jasmin Bergmann

In Deutschland herrscht akuter Pflegekräftemangel. Zoufinar Murad ist Pflegerin und arbeitete im Freiburger St. Carolushaus - bis in einer Nachtschicht Polizisten kamen und sie abschoben.

Pflegerin Zoufinar Murad hatte Nachtschicht im Altersheim, als es passierte. Dienstag auf Mittwoch. Plötzlich kamen Polizisten, holten sie ab und setzten sie in einen Flieger nach Armenien. Die 53-Jährige wurde abgeschoben. "Es kam sehr überraschend, weil sie sich längere Zeit in Deutschland aufgehalten hat und wir sind davon ausgegangen, dass sie bleiben darf", sagt ihr Freiburger Anwalt Harald König.

Anwalt versucht, abgeschobene Murad nach Deutschland zurückzuholen

Vor einem Jahr wurde schon einmal versucht, Zoufinar Murad abzuschieben. Damals hatten die Polizisten sie aber nicht angetroffen. Ihr Anwalt Harald König geht bei der jetzigen Abschiebung von einem "Schnellschuss" aus. Er will nun die 53-Jährige mit Hilfe ihres Ausbildungsvertrags zur Altenpflegerin im Freiburger St. Carolushaus zurück nach Deutschland holen. "Wir versuchen bei der deutschen Botschaft in Eriwan, in Armenien, ein Visum zu beantragen", sagt König. Ziel sei, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, damit sie ihre Ausbildung beenden kann.

Auch Ruth Hampe setzt sich für Zoufinar Murad ein. Ruth Hampe ist emeritierte Professorin an der Katholischen Hochschule in Freiburg und arbeitet außerdem beim Freiburger Refugium. Seit Ende 2018 betreut sie geflüchtete Menschen, aber so etwas sei ihr noch nie passiert.

"Eine Abschiebung kann jederzeit möglich sein, aber bei Zoufinar Murad war es nicht zu erwarten."

Pflegerin Zoufinar Murad wurde von heute auf morgen aus Freiburg und Deutschland abgeschoben (Foto: Privat)
Das Foto zeigt Zoufinar Murad (Mitte) in Freiburg, wo sie gelebt und gearbeitet hat.

Regierungspräsidium sieht Abschiebung als rechtens

"Vollziehbar ausreisepflichtig" sei die 53-Jährige gewesen, schreibt das Regierungspräsidium Karlsruhe auf Anfrage des SWR. In der schriftlichen Stellungnahme heißt es weiter:

"Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 1. Oktober 2018 als unzulässig abgelehnt. Gleichzeitig wurde ihr die Abschiebung nach Armenien angedroht, sollte sie nicht innerhalb der im Bescheid genannten Frist von einer Woche freiwillig ausreisen. Da sie nicht innerhalb dieser Frist ausgereist ist, musste sie jederzeit mit einer Abschiebung rechnen."

Murad hat den Großteil ihres Lebens nicht in Armenien verbracht

Momentan ist Zoufinar Murad in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Ihre Vorfahren kommen aus Armenien. Vor mehr als 20 Jahren hatte sie dort Design und Kunstpädagogik studiert. Abgesehen davon war sie aber den Großteil ihres Lebens in Syrien. Ursprünglich habe sie mal zwei Staatsbürgerschaften gehabt, sagt ihr Anwalt Harald König. Die Armenische und die Syrische. Die armenische Botschaft in Berlin habe sie aber vor einigen Jahren schon aus der Armenischen Staatsbürgerschaft entlassen, sagt König.

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