Ein Dorf verschwindet und wird an anderer Stelle wieder neu aufgebaut. Genau das hat es vor 50 Jahren bei Lahr (Ortenaukreis) gegeben. Das Dorf Langenwinkel wurde umgesiedelt, weil es in der Einflugschneise des Lahrer Militärflughafens lag. Denn der Lärm der kanadischen Düsenjets war damals unerträglich geworden. Außerdem waren die Menschen durch mögliche Flugzeugabstürze gefährdet.

Wolfgang Eichler war bei dem Umzug von Langenwinkel zwölf Jahre alt. Er erinnert sich noch gut, wie Geschirr und Möbel gezittert haben, wenn die Düsenjets über den Ort drüber geflogen sind.
"Die Flieger sind praktisch hier über die Häuser weg, so dass man das Gefühl hatte, wenn man auf dem Hausdach steht und eine Dachlatte nimmt, dann kann man die unten kitzeln."
Nicht alle wollten in das neue Dorf mit
Nach zähen Diskussionen hatten die Einwohner 1963 mit großer Mehrheit beschlossen, dass das Dorf einige Kilometer weg von der Start- und Landebahn der kanadischen Streitkräfte umgesiedelt werden soll. 400 Menschen lebten damals in Langenwinkel, mit umgezogen sind nur 250 von ihnen. Der Rest wollte woanders hin. Vor 50 Jahren, am ersten Oktober-Wochenende 1971, wurde dann das neue Langenwinkel eingeweiht.

Das alte Dorf verschwindet
Der Friedhof und das Schulhaus - mehr ist vom alten Langenwinkel heute nicht mehr zu sehen. Heute sind dort, wo früher das Dorf war, Wiesen und die B36. Nach und nach wurden die Häuser damals wieder in Ackerland umgewandelt. Der Zeitzeuge Alfred Sütterlin erinnert sich, wie das Dorf zu einem Geisterdorf wurde.

"Irgendwann war das Dorf dann verschwunden und man hat sich nur noch erinnern können, indem man den Friedhof besucht hat, wo meine Großeltern begraben liegen. Oder in dem man das Schulhaus ansieht."
50. Jahrestag wird gefeiert
Heute, 50 Jahre nach der Umsiedlung, gehört Langenwinkel zu Lahr und hat 2.000 Einwohner. 34 von denen, die damals wegen des Fluglärms umgesiedelt wurden, leben noch immer im Dorf. Auch für sie wird an diesem Wochenende der Jahrestag gefeiert. Mit einem Festumzug vom alten in das neue Dorf erinnern die Langenwinkler an ihren Umzug und das alte Langenwinkel.
"Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, für manche Alt-Langenwinkler, die dann vielleicht wirklich nochmal miterleben, wie die Situation war oder vielleicht unterwegs das eine oder andere erzählen, was ihnen da noch einfällt."
Dafür findet am Alten Friedhof eine besondere Uraufführung statt: Ein Ensemble von Musikern und Sängern singt ein japanisches Lied, das von der Vergänglichkeit der Schönheit einer Ruine spricht. Zu diesem Auftritt wird dann ein Flugzeug über die Köpfe der Zuschauer hinweg fliegen. Es soll die Gefahr, die für die Menschen damals in Alt-Langenwinkel bestand, und den unglaublichen Lärm ausdrücken.