Die Stadt Stuttgart hat die Unternehmensberatung McKinsey bereits im Dezember 2021 beauftragt, gemeinsam mit der Verwaltung zu prüfen, wie die Klimaziele bis 2035 erreicht werden können. Ziel sei, durch eine Vielfalt effizienter Maßnahmen in Stuttgart verschiedene klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Gleichzeitig soll Stuttgart auch besser gegen extreme Hitze und extreme Wetterlagen wie Starkregen gewappnet werden. Am Donnerstag diskutiert der Gemeinderat über den Klimaschutz. Er soll vor der Sommerpause beschließen, ob und wie genau die Klimaneutralität bis 2035 tatsächlich erreicht werden soll.

Stuttgart will Vorreiter beim Klima werden
Der Gemeinderat will seine ehrgeizigen Klimaziele nicht zu Lasten des Wirtschaftsstandorts Stuttgart verfolgen. "Mit einem konkreten Klimafahrplan kann Stuttgart eine Vorreiterrolle unter den Städten in Deutschland übernehmen", sagte Daniel Rexhausen von der Unternehmensberatung McKinsey in Stuttgart. Investitionen in den Klimaschutz könnten sich laut Studien rechnen. Die Expertise seiner Unternehmensberatung unterstütze die Stadtverwaltung bei der "Net-Zero"-Strategie. Mithilfe dieser Strategie sollen laut Stadt Emissionen von Treibhausgasen aus Unternehmen, der Stadtgesellschaft und der Kommune keine Auswirkungen auf das Klima haben.
"Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 ist sehr ambitioniert."
Stuttgart will nicht nur Vorreiter beim Klimaschutz werden und ist dafür auch mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet worden. Stuttgart müsse auch ein starker Wirtschaftsstandort bleiben, erklärte der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). "Die Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 ist sehr ambitioniert," sagte er. "Wir liegen damit vor dem Bund und vor dem Land Baden-Württemberg." Klimaschutz funktioniere vor allem global und national, sei aber auch eine große kommunale Gemeinschaftsaufgabe für Stadt, Wirtschaft und Stadtgesellschaft.
Große Mehrheit für Klimaschutz
Im Gemeinderat besteht über die Fraktionen hinweg grundsätzlich Einigkeit, dass man die ehrgeizigen Klimaziele für die Stadt nur gemeinsam erreichen kann. Dennoch werden für die kommenden Monate heftige Diskussionen über einzelne konkrete Klimaschutzmaßnahmen erwartet. Uneinigkeit gibt es beispielsweise beim Thema Fernwärme oder Autoverkehr in der Innenstadt. Die Stadt Stuttgart hatte unter dem früheren Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) bereits ein 200 Millionen Euro-Programm für das Klima beschlossen. Dieses sieht unter anderem vor, städtische Gebäude energetisch zu sanieren oder in Photovoltaik-Anlagen zu investieren.
"500 Millionen im Haushalt fürs Klima sind eine fette Nummer."
Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat verweisen auf die Haushaltsbeschlüsse des Stuttgarter Gemeinderates vom Dezember. Darin sei auch ein 500 Millionen Euro-Paket für das Klima enthalten, "eine fette Nummer", so der Fraktionsvorsitzende Andreas Winter. Amtskollege Alexander Kotz (CDU) sagte, seiner Fraktion sei wichtig, dass alle Klimaschutzmaßnahmen gut kommuniziert werden. Die Menschen müssten wissen, ob ihre neue Gasheizung noch weiter laufen dürfe und ob man in Stuttgart noch Autos mit Verbrennungsmotor fahren dürfe. Ein zentraler Bestandteil der Stuttgarter Klimapolitik müsse deshalb eine Informationskampagne sein.

Auch Kritik der Gemeinderatsfraktionen wird laut
Die Stadträte der AfD haben signalisiert, nicht hinter den Plänen für eine Klimaneutralität bis 2035 zu stehen. Dem Linksbündnis PULS geht der Klimaschutz zu langsam voran. Vertreter der SÖS halten dem Oberbürgermeister Versagen vor, wenn er die Entscheidung auf den Sommer vertage.
Mieterbund befüchtet unbezahlbare Mieten
Der Stuttgarter Mieterverein gibt zu bedenken, dass das Klimaziel der Stadt auch soziale Auswirkungen haben könnte. Der Vorsitzende Rolf Gaßmann fürchtet steigende Mieten. Denn die Kosten für eine energetische Sanierung könnten derzeit voll auf die Mieten aufgeschlagen werden. "Das Hauptproblem ist, dass die Mieten, die ja schon in den letzten zehn Jahren um 45 Prozent gestiegen sind, dann noch weiter explodieren und letztendlich unbezahlbar werden", sagte Gaßmann dem SWR.
Auch der Haus- und Grundbesitzerverein Stuttgart hat Bedenken. Die Sanierung sei teuer und nicht jeder Haus- oder Wohnungsbesitzer sei Experte für Energiesanierung. Es fehle oft an Beratung.
City-Initiative: Händler befürchten, dass Kunden ausbleiben
Auch die Ladenbesitzer in der Stuttgarter Innenstadt sehen die Klimapläne der Stadt offenbar mit gemischten Gefühlen. Laut City-Initiative fürchten Händler, dass es zu teuer werden könnte, zum Einkaufen nach Stuttgart zu fahren. Autofahren, Parken, Bus oder Bahn: Alles werde teurer, fürchten viele, die auf Kunden in der Stadt angewiesen sind.