Ich bin es so, so satt!
Zefix und hallo, ich bin Fabian Ziehe mache heute etwas, was man als Redakteur im SWR Studio Stuttgart sonst eher nicht macht: Ich schimpfe! Subjektiv, einseitig, aggressiv. Es geht immer auf die Deutsche Bahn! "Bahn-Bashing? Ganz schön billig", sagt ihr da - und ich sage: Ja. Diese Deutsche Bahn bettelt ja schließlich geradezu darum. Also: Wut-Modus an, das erwartet uns:
- Ein Beispiel, wie die Bahn in der Region versagt
- Wie die Bahn die Region regelmäßig lahmlegt
- Die Bahn zwischen Frust und die Verantwortungsdifussion
- Kommunikation zwischen Sprachhülsen und Nebelkerzen
- Die Bahn als Opfer von Ideologie und Profitstreben
- Der schöne Traum von Bahn-Normalität
- Ein Voting zum Bahn-Chaos
- Eine ganze Woche bahnfrei
"In a nutshell": Wie die Deutsche Bahn exemplarisch versagt
Beginnen wir mit einer, mit meiner Fallstudie. Denn ich und weitere aus Schorndorf erleben diesen Dienstag eine wahre Demonstration von Bahn-Versagen. Am Morgen gibt es eine Weichenstörung zwischen Schorndorf und Schorndorf-Weiler. Mal wieder und obendrein. Denn der MEX13, der einen sonst in 20 Minuten nach Stuttgart bringt, fährt eh nicht - und die S-Bahnen auch nur im Halbstundentakt. Grund: In Stetten-Beinstein werden die Bahnsteige erneuert. Deshalb herrscht seit gut einem Monat (!) Pendler-Chaos. Nach den Pendler-Chaossen durch die Baustellen für den Digitalen Knoten, Sanierungsarbeiten und was weiß ich was noch alles ...

Punktum: Die S2 fährt heute erst ab Weiler. Bahn und VVS haben es nicht geschafft, dazu die elektronische Fahrplanauskunft zu aktualisieren - ganz normal. Es soll einen Ersatz-Bus nach Weiler geben. Wo der abfährt? Kein Bahner weit und breit. Eine Schar Pendler steht staunend vor der Abfahrtstafel: Zu diesem ganz wesentlichen Detail ist dort nichts zu lesen. Ich Glückspilz habe ein Rad dabei! Also ab nach Weiler! Dort ist meine eigentliche S-Bahn schon weg. In 30 Minuten die nächste. Ich warte und beobachte die Leute am Bahnsteig gegenüber, die aus den Lautsprechern über eine Computerstimme vom Ersatzverkehr erfahren. Nichts zur Abfahrtsstelle des Busses. Ein Mann ruft ein Taxi.
Immer mehr Leute an meinem Gleis beobachten derweil erstaunt, wie Züge munter in beiden Richtungen vorbeisausen. Weichenstörung? Nur die S-Bahn nach Stuttgart, auf die wir warteten, wird fünf Minuten vor Abfahrt dann abgesagt. Warum: "Wegen einer Weichenstörung." Dieselbe? Eine andere? Die aus Stuttgart kommende S-Bahn schmeißt derweil alle Fahrgäste samt ihrer Ratlosigkeit in Weiler raus - und düst Richtung Schorndorf weiter. Nach einer Stunde endlich: Meine S-Bahn kommt. Auch aus Richtung Schorndorf. Weichenstörung? Am Ende sind es zwei Stunden Arbeitsweg statt einer halben.
Störungen und Sperrungen: Die Bahn legt die Region lahm
Dumm gelaufen für mich? Nein, in diesen ärgerlichen zwei Stunden Bahnfahren stecken Wurstigkeit, Dreistigkeit und Versagen. Schon am Freitag und Montag davor durfte ich Bahn-Chaos in live erleben. Am direkt folgenden Mittwoch meldet die "Waiblinger Kreiszeitung": "Erneutes Chaos auf den Linien S2 und S3". Plus einer Signalstörung zwischen den Haltestellen Universität und Schwabstraße. Am Donnerstag dann: Eine defekte Oberleitung zwischen Waiblingen und Backnang. Kurzum: alles traurig, trostlos, trübe - und die Bahn dilettiert weiter.
Sperrungen im S-Bahn- und Regionalverkehr Angst vor Chaos: Verband Region Stuttgart fordert von Bahn Arbeitskreis und Geld
Das Bahn-Baustellenjahr 2025 in und um Stuttgart droht noch schlimmer zu werden als 2024. Der Verband Region Stuttgart fordert von der Bahn nun bessere Abstimmung und mehr Geld.
Der Verband Region Stuttgart (VRS) schlägt längst Alarm und fordert die Bahn zu einem besseren Management ihrer Baustellen auf. Denn die Bahn hat kürzlich in einer Sitzung mitgeteilt, dass das Baustellenjahr 2025 übel wird - inklusive wieder einer Stammstreckensperrung. Und 2026 gehe es so weiter. Nun, am Donnerstag, die nächste Hiobsbotschaft in einer nicht-öffentlichen Aufsichtsratssitzung des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS): Auch 2027 wird es voraussichtlich wieder zu Stammstreckensperrungen der S-Bahn kommen.
Volle Fahrt in den Frust und die Verantwortungsdifussion
Die Salamitaktik hat Methode. Nun hat man als Journalist das Privileg, bei Störungen und Pannen die Bahn anrufen zu können. Die Pressestelle in Stuttgart ist freundlich und bemüht, einem all das zu erklären. Wie auch die Kollegen vom Bahnprojekt Stuttgart-Ulm: Spätestens seit den ganzen heftigen S-21-Querelen fährt man kommunikativ eine andere Linie. Anders als die Konzern-Kollegen aus Berlin: Nur mit viel Drängen und Drohen bekommt man da nach langer Wartezeit Auskünfte, wenn das Thema nicht genehm ist. Und was man auch erfährt: Am Ende steht ein: "Sorry, dumm gelaufen, konnte keiner ahnen, da müsst ihr jetzt halt durch."
Bei Bahn-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern - wenn man sie mal noch zu Gesicht bekommt - verdichtet sich derweil der Eindruck, dass man um Erklärungen ringt, während man eigentlich selbst nur noch mit dem Kopf schüttelt. Ratlose Zugbegleiter streifen durch die Gänge, genervte Lokführer lautsprechern durch die Abteile, hilflose Hilfskräfte federn den Frust der der Leute im Ersatzverkehr-Chaos ab: Die Indianer haben schon längst keinen Spaß mehr. Von den Häuptlingen stellt sich kaum mal einer hin und sagt: "Sorry, da haben wir Mist gebaut." Man ist als Bahnfahrender so oft sauer - und weiß eigentlich gar nicht, auf wen. Es herrscht maximale Verantwortungsdifussion.
Standing Ovations für Sauberkeit und Nebelkerzen
Und so geht es munter weiter mit Salamitaktik - und das bei Nebelkerzenschein: Eben am Donnerstag eben meldet die Bahn: "In den Bahnhöfen in Baden-Württemberg startet der Frühjahrsputz." Grundreinigung für 134 Stationen in Baden-Württemberg, 100 Millionen Euro für Sauberkeit an Bahnhöfen - und wir applaudieren. Wirklich? Aber die eigenen Bahnhöfe sauber zu halten, das ist doch Dauer- und Kernaufgabe der zuständigen DB InfraGO. Wozu bitte diese Meldung?

Wohl weil die Damen und Herren davor die Bahnhöfe und weitere Bahn-Liegenschaften haben vergammeln lassen. Weil die Bahn regulär dafür wohl nicht genug Geld bereitstellen will. Dafür wird von Zeit zu Zeit gönnerhaft die Schatulle aufgemacht, inklusive dem Säuseln süßester Bahn-Lyrik. So etwa: "Die DB modernisiert die Zukunftsbahnhöfe aus einem Guss nach einem ganzheitlichen und klaren Qualitätsstandard mit attraktiver Gestaltung..." Standing Ovations! Wir lassen uns einlullen.
Bahn-Infrastruktur als Opfer von Gewinnstreben
Tatsächlich ist die Infrastruktur schlichtweg in einem erbarmungswürdigen Zustand - was längst nicht nur unsere vorangestellte kleine, individuelle Sammlung an Schienen-Infrastruktur-Schäden dieser Woche zeigt. Die Analyse ist einfach: Die deutschen Bundesregierungen, die bundesdeutschen Verkehrsminister haben diese Bahn kaputtgespart - ideologiegetrieben, weil man sie in die Gewinnzone, weil man sie an die Börse bringen wollte. Lieber Leuchtturm-Projekte statt eines soliden Netzes. Lieber Infrastruktur herausreißen als sie teuer instand zu halten. Lieber neue sexy blinkende ICEs als biedere, anständig gewartete Nahverkehrs-Triebwägen.
Podcast: Teurer fahren
30 Jahre nach der Gründung der Deutschen Bahn AG ist das Netz kaputt. Fast alle wichtigen Bahnstrecken müssen saniert werden. Insgesamt 41 Korridore. Wie konnte das passieren?
Aber wir öffnen hier ein riesiges Fass. All das zu erläutern, wird hier definitiv den Rahmen sprengen. Aber wenn wir mal wieder eine Stunde auf die nächste S-Bahn warten, dann sei hier der Podcast "Teurer Fahren" empfohlen. Aber bitte nur konsumieren, wenn euer Kardiologe dafür grünes Licht gegeben hat. Wir wollen keinen Notarzt-Einsatz am Gleis provozieren.
Träumen von bloßer Bahnfahr-Normalität
Aber nun stelle man sich einfach mal vor: Was wäre, wenn der ÖPNV und die Schiene alleine bei uns im Rems-Murr-Kreis zuverlässig funktioniert, man alle Kapazitäten ausschöpft? Wenn die Leute aus Murr- und Remstal, vom Welzheimer Wald, den Berglen und dem Schurwald mit Bus und Bahn verlässlich zur Arbeit nach Stuttgart fahren könnten. Das Angebot wäre gut, 20 Minuten nach Stuttgart und kein Parkproblem, da hält kein Auto mit.

Was wäre, wenn das Potential, das uns ein Deutschland-Ticket eröffnet, auch ausgeschöpft wird. Wenn die Leute, die dennoch Autofahren wollen oder müssen auf B14 und B29 nicht täglich im Stau stehen. Wenn die ortsansässigen Unternehmen nicht mehr für einen Milliarden-teuren "Grünen Tunnel" trommeln würden, da ihre Mitarbeitenden und Laster nicht mehr im Stuttgarter Nordosten im Dauerstau stehen. Wenn die Verkehrswende nicht mehr von der Bahn und Bundespolitik sabotiert wird.
Was wäre im Remstal, in der ganzen Region Stuttgart los, wenn die Deutsche Bahn bloß ihren Job macht?
Schimpfen oder Chillen: Ein Voting zum Bahn-Chaos
So, ausgewütet. Was denkt ihr dazu? Ist aller Zorn angebracht? Oder sollte ich mich mal lieber chillen?
Vergangene Woche wollten wir von euch wissen, wo es eurer Meinung nach noch an Barrierefreiheit fehlt. 79,1 Prozent haben geantwortet: "Die einzige richtige Antwort kann nur sein: Menschen mit Behinderungen müssen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt behandelt werden!"
Bahn frei! Das war sonst noch so los diese Woche
Brand bei Kirchheim am Neckar Großbrand im Kreis Ludwigsburg: Waren Frostfeuer die Ursache?
Im Kreis Ludwigsburg herrschten in der Nacht auf Dienstag Minustemperaturen. Mit sogenannten Frostfeuern sollten offenbar die Blüten der Obstbäume geschützt werden.
Vermutlich kürzester Radweg Baden-Württembergs Warum Fellbach einen nur zehn Meter langen Radweg hat
Er wirkt etwas absurd, der nur zehn Meter lange Radweg in Fellbach-Schmiden. Zudem umgibt ihn ein regelrechter Schilderwald. Für die Stadt löst der Mini-Radweg jedoch einen Konflikt.
Seit 30 Jahren Brettspiel-Klassiker Catan: Kanadier holt den WM-Titel 2025 beim Turnier in Stuttgart
30 Jahre nach Veröffentlichung kehrte das millionenfach verkaufte Brettspiel Catan zurück nach Stuttgart. Bei der WM traten Spielende aus 60 Ländern an. Der Pokal ging nach Kanada.