Eine Tote und sieben Verletzte

Nach Unfall am Olgaeck in Stuttgart: Acht Schweigeminuten auf der Bundesstraße

Stand

Von Autor/in Christian Spöcker

Der Unfall am Olgaeck hat viele erschüttert: "Wie wenn es ein Anschlag gewesen wäre", sagt Susanne Lex. Mit etwa 250 Anderen hat sie der Opfer gedacht - und mehr Schutz gefordert.

Eine Woche nach dem tödlichen Autounfall am Stuttgarter Olgaeck haben am Freitag etwa 250 Menschen mit acht Schweigeminuten der acht Opfer gedacht. Susanne Lex war es wichtig, die Gedenkveranstaltung zu besuchen - auch, weil sie selbst immer wieder am Unfallort vorbeikommt, der Haltestelle Olgaeck.

Auch am Freitag vergangene Woche war die Stuttgarterin vor Ort. "Es war ein Schreck, wie wenn es ein Anschlag gewesen wäre", sagt Lex. "Dass so viele Menschen verletzt werden, hätte ich an dieser Stelle nicht gedacht." Sie sei auf dem Heimweg vom Freibad gewesen und habe den Unfallort aus der Ferne gesehen. Ihre Eindrücke: "Viel Feuerwehr, viele Decken, viele Menschen, die hier saßen."

Susanne Lex bei der Gedenkveranstaltung am Karlsplatz
"Es war ein Schreck, wie wenn es ein Anschlag gewesen wäre", sagt die Stuttgarterin Susanne Lex über den Unfall am Olgaeck.

Unfallschwerpunkte in Stuttgart: "Es ist sehr gefährlich"

Die Krankenschwester berichtet, auch bei ihrer Arbeit im Stuttgarter Marienhospital habe sie es immer wieder mit Unfallopfern zu tun. "Es passieren hier in der Stadt so viele schwere Unfälle!", sagt sie am Rande der Kundgebung am Freitagabend am Stuttgarter Karlsplatz und zählt dann einige Beispiele aus ihrer Erinnerung auf. "Der Verkehr ist viel, viel zu dicht, es sind zu viele SUVs in der Stadt - es ist sehr gefährlich." Aus ihrer Sicht unternimmt die Stadt Stuttgart bisher nicht genug für den Schutz von Fußgängerinnen und Fußgängern: "Muss immer erst jemand sterben oder verletzt werden, bevor die Stadt sichere Überwege schafft?"

Susanne Lex hört an diesem Freitagabend zunächst Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden zu. Sie halten bei der Kundgebung am Karlsplatz Ansprachen und fordern dabei eine bessere Verkehrspolitik. Die Stadt Stuttgart unternehme zu wenig für diejenigen, die nicht mit Autos oder anderen Fahrzeugen im Straßenverkehr unterwegs seien, lautet der Tenor der Kritik.

Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin in Stuttgart‐Mitte, zeigt Verständnis für die Kritik, auch in Bezug auf das Olgaeck. "In der Tat ist da Handlungsbedarf, das kann ich nur bestätigen. Auch die Umsetzungswege dauern einfach zu lang - diese Kritik muss sich die Stadt gefallen lassen." Die Stadt solle künftig stärker auf das Engagement von Verbänden wie dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) zurückgreifen, fordert Kienzle.

Veronika Kienzle, die ehrenamtliche Bezirksvorsteherin in Stuttgart‐Mitte, schaut in die Kamera.
Veronika Kienzle, ehrenamtliche Bezirksvorsteherin in Stuttgart‐Mitte

Forderung nach Tempo 30 in Stuttgart

Ulrich Heck vom Stuttgarter VCD-Kreisverband sagt, Tempo 30 müsse in Stuttgart die Regel werden. Bezirksvorsteherin Kienzle zeigt sich offen für die Forderung, gerade mit Blick auf die Situation am Olgaeck: "Insbesondere auch an dieser Kreuzung, aber auch an einigen anderen Stellen in der Innenstadt wäre Tempo 30 angebracht."

Ulrich Heck vom Stuttgarter VCD-Kreisverband spricht bei der Gedenkveranstaltung am Karlsplatz in ein Mikrofon
Ulrich Heck vom Stuttgarter VCD-Kreisverband fordert, Tempo 30 müsse in Stuttgart die Regel werden.

Stadt Stuttgart will Gutachten abwarten

Die Stadt hatte bereits vor der Veranstaltung mitgeteilt, die Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgängern sowie von Radfahrerinnen und Radfahrern liege ihr sehr am Herzen, da es die schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer seien. Zunächst wolle man aber noch ein Gutachten über den Unfallhergang abwarten, bevor über Verkehrsmaßnahmen am Olgaeck entschieden werde. Weiter teilte die Stadt noch mit, dass sie den tragischen Unfall mit größter Sorgfalt aufarbeite. Der Knotenpunkt an der Charlottenstraße und der Olgastraße zähle zu den Orten in Stuttgart, die verkehrlich besonders hoch belastet seien. Deshalb komme es dort leider häufiger zu Unfällen als an anderen Orten. 

Nach der Kundgebung am Karlsplatz setzt sich an diesem Freitag der Zug aus Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegen 18 Uhr in Bewegung. Er zieht über den Charlottenplatz zum Unfallort am Olgaeck. Die Polizei sperrt dafür einen Abschnitt der B27 vorübergehend für den Autoverkehr. Schätzungsweise etwa 250 Menschen stehen somit etwa zwanzig Minuten später am Olgaeck auf einer Seite der zweispurigen Bundesstraße, wo sonst täglich tausende Autos fahren.

Protest gegen Autoverkehr in Stuttgart

Gegen 18:20 Uhr wird es plötzlich still am Olgaeck neben der Haltestelle. Mit insgesamt acht Gedenkminuten gedenken die schweigenden Menschen der acht Opfer des Unfalls. Vom üblichen Straßenverkehr ist in dieser Zeit fast nichts zu hören. Wenn nicht gerade eine Stadtbahn am Gedenkort vorbeifährt und kurz bimmelt, sind aus der Ferne lediglich hin und wieder hupende oder beschleunigende Fahrzeuge zu hören.

Im Gegensatz dazu stehen die Banner und Protestschilder der schweigenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gedenkens: "Autos raus", "Stoppt das Sterben auf unseren Straßen" oder "Motorisierte Gewalt jetzt beenden", steht auf manchen von ihn. Als die Schweigeminuten vorbei sind, spielt ein Cellist. Susanne Lex entzündet am Unfallort eine rote Grabkerze und stellt sie zu den anderen Gegenstände, die Trauernde im Gedenken an die Opfer hinterlassen haben.

"Ich komme hier täglich auf dem Weg zur Arbeit vorbei - und jedes Mal wird man erinnert", sagt die Krankenschwester. Für jeden Stuttgarter und jede Stuttgarterin sei es wichtig, Anteil zu nehmen und die Trauer und den Schrecken zu verarbeiten. Durch die Gedenkveranstaltung könne man die Geschehnisse "sacken lassen, damit der Schmerz nicht mehr so groß ist", findet Susanne Lex.

Gedenkveranstaltung am Olgaeck
Nach den Schweigeminuten entzündet Susanne Lex eine Kerze für die Unfallopfer.
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