Die Tests erinnern auf den ersten Blick an einen Corona-Test - nur sozusagen in Reihe geschaltet: Es sind kleine, weiße Plastik-Displays mit fünf Vertiefungen nebeneinander, darin die Teststreifen. Diesen Donnerstagnachmittag kommen diese neuen Drogen-Tests in einem kleinen Pavillon am Rande von Bad-Boll (Kreis Göppingen) zum Einsatz bei einer groß angelegten Kontrolle von Autofahrerinnen und -fahrern. Im Fokus dort ist auch Cannabis: Seit Februar 2024 ist schließlich der Konsum freigegeben. Das erfordert andere Kontrollen im Straßenverkehr.

Wirkstoff THC: Neuer Grenzwert liegt bei 3,5 Nanogramm
Tetrahydrocannabinol (THC) am Steuer bleibt ein Unfallrisiko. Allerdings: Wer diesen in Cannabis enthaltenen Wirkstoff im Blut hat, ist laut Gesetz weiter fahrtüchtig, sofern er dabei unter einem neuen Grenzwert bleibt. Autofahrerinnen und -fahrer dürfen einen Wert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut nicht überschreiten - eine Grenze wie beim Blutalkohol. Diese Grenze ist allerdings restriktiver gezogen als beim Alkohol, denn die Verschlechterung der Fahrleistung bei 3,5 Nanogramm THC entspricht der von etwa 0,2 Promille Blutalkohol, so das Bundesverkehrsministerium. Bei Alkohol gilt die 0,5-Promille-Grenze.

Wer in Bad Boll also nach der kurzen Vorkontrolle herausgewunken wurde, wurde gegebenenfalls gebeten, eine Urinprobe abzugeben. Mit Blick auf Cannabis testete ein Polizeibeamter dann den Carbonsäure-Wert im Urin: Dieser zeigt nun nicht mehr nur an, ob generell THC nachweisbar ist, sondern auch, ob die 3,5 Nanogramm-Grenze wohl überschritten ist - wobei letzte Klärung immer ein Bluttest geben muss. Für junge Autofahrerinnen und -fahrer bis zum Alter von 21 Jahren sowie für Fahranfänger und -anfängerinnen in den ersten zwei Jahren gilt weiter 1 Nanogramm als Grenzwert. Das ist die analytische Nachweisgrenze und bedeutet somit praktisch, dass der Nachwuchs am Lenkrad gar kein THC im Blut haben sollte.
Kontrolleur: Erst jetzt kann die neue Gesetzeslage umgesetzt werden
Der neue Test kam erst ein paar Monate nach Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes auf den Markt. "Wir mussten noch eine gewisse Zeit mit den alten Tests überbrücken", sagt der für die Drogenkontrolle in Bad Boll zuständige Polizeibeamte Knuth Gerstner. Seit knapp einem halben Jahr gibt es jetzt die verbesserten Tests. "So können wir nun sagen: Okay, da ist jemand zwar über dem Wert von einem Nanogramm, aber unterhalb von 3,5 Nanogramm", erklärt Gerstner. "Somit ist er immer noch fähig, das Fahrzeug zu lenken - auch nach Gesetzeslage."

Einen Unterschied gebe es allerdings zum Alkohol, ergänzt Gerstner: Wer mit über 1,1 Promille Blutalkohol gestoppt wird, bei dem liegt eine "absolute Fahruntüchtigkeit" vor. Bei allem darunter müssen zum gemessenen Blutalkoholwert noch Auffälligkeiten wie Fahrfehler und Ausfallerscheinungen kommen - erst dann liegt eine "relative Fahruntüchtigkeit" vor. Die kann übrigens auch schon bei 0,3 Promille festgestellt werden. Was übrigens gleich ist zur Alkohol-Kontrolle: Auch der neue Drogentest ist prinzipiell freiwillig. Nur eine Blutentnahme auf der Wache kann auch gegen den Willen des Kontrollierten angeordnet werden.
Polizei testet neben dem Urin auch Körperreaktionen
Bei THC gibt es generell nur eine solche relative Fahruntüchtigkeit. Neben den 3,5 Nanogramm müssen die Kontrollierten auch noch Ausfallerscheinungen aufweisen. Entsprechend bitten die Polizistinnen und Polizisten die herausgezogenen Autofahrer nicht nur zur Urinprobe. Sie lassen sie auch verschiedene Tests zu machen, etwa zu Körperreaktionen, Gleichgewicht und Koordination.

Das Ergebnis der Kontrolle in Bad Boll an diesem Tag: Bei 15 der rund 65 intensiver kontrollierten Autofahrerinnen und Autofahrer stieß die Polizei auf Auffälligkeiten - nicht nur, aber auch durch den THC-Test. Die Kontrollierten mussten ihre Fahrzeuge stehenlassen und eine Blutprobe abgeben - nur diese sind letztlich entscheidend für eine spätere Strafe. Liebt er im Bluttest ermittelte Wert über dem Grenzwert, drohen ihnen je nach Vergehen Bußgeld, Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot.